DOMRADIO.DE: Das Bundeskabinett hat beschlossen, das Wohngeld zum 1. Januar 2020 zu erhöhen – um 45 Euro auf 190 Euro im Monat. Ist das eine gute Nachricht?
Michaela Hofmann (Referentin für Armutsfragen beim Kölner Diözesan-Caritasverband): Ja, das ist eine gute Nachricht. Vor allen Dingen für die Leute, für die 45 Euro bedeutet, umziehen zu müssen oder in das Hartz-IV-Leistungssystem zu fallen.
Auf der anderen Seite ist die Erhöhung auch etwas, das die Caritas schon sehr lange gefordert hat – nicht nur alle fünf oder sechs Jahre; letztes Mal war es ja 2016, daher ist die Erhöhung gut, aber trotzdem noch nicht genug.
DOMRADIO.DE: Die Mieten gerade in den großen Städten steigen unaufhörlich. Sie haben es schon angedeutet, da reicht eine einmalige Erhöhung eher nicht, oder?
Hofmann: Nein. Es reicht auch nicht zu sagen, es regelmäßig alle zwei Jahre anzupassen. Besser wäre gewesen, es jährlich anzupassen und auch eine Heizkostenkomponente mit einzubeziehen; auch eine Klimakomponente, weil viele Wohnungen saniert werden und die Miete dann auf einmal sprunghaft steigt – auch mehr als diese 45 Euro. Das kann von den Leuten nicht aufgefangen werden.
DOMRADIO.DE: Wie entwickelt sich die Situation der Menschen, die auf diese Unterstützung dringend angewiesen sind? Sind es immer mehr Betroffene, die Hilfe bei der Wohnraumsuche brauchen?
Hofmann: Ja. Das liegt daran, dass zum Beispiel in den Ballungsgebieten der Wohnraum wirklich sehr, sehr knapp ist. Je geringer das Einkommen, desto geringer ist auch die Anzahl von Wohnungen, auf die man zurückgreifen kann.
Wenn dann noch schwierige Situationen dazukommen, der Tod eines Partners, eine Scheidung oder wenn es aus anderen Gründen finanziell enger wird, dann ist es für die Leute extrem schwierig, auch noch auf Wohnungssuche zu gehen. Sie werden dann nochmal ein Stück erniedrigt und entwürdigt, so wie Wohnungen inzwischen ausgesucht werden.
DOMRADIO.DE: Jenseits dieser finanziellen Rahmenbedingungen: Wo gibt es noch Schwierigkeiten?
Hofmann: Das Finanzielle ist bei den hohen Mieten wirklich das Existenzielle. Das merkt man den Leuten auch an. Wenn man nicht weiß, ob man die Wohnung halten kann oder vielleicht auch eine Räumungsklage bekommt, dann droht die Wohnungslosigkeit. Ich finde, das ist etwas, was man auf alle Fälle verhindern muss. Da müssen auch Staat und Kommunen mehr tun, damit die Wohnung erhalten bleibt und Menschen ein Dach über dem Kopf haben.
DOMRADIO.DE: Welche Maßnahmen sind da nach Meinung der Caritas nötig?
Hofmann: Man muss in den sozialen Wohnungsbau investieren. Am besten wäre es, wenn auch Städte oder das Land eine Genossenschaft gründen würden, um damit selber Wohnungen zu bauen. Dann kann man regulieren, wie hoch die Mieten sind.
Zum anderen müssen die Leute mehr darüber wissen, wo sie sich Hilfe holen können wenn eine Räumungsklage droht, um dann geeignete Schritte zu unternehmen und zu sehen: Kann man noch mit dem Vermieter verhandeln, kann man einmalige Beihilfen beantragen oder Ähnliches.
DOMRADIO.DE: Ziel der Bundesregierung ist außerdem ein bundesweit einheitlicher Mietspiegel. Inwieweit würde das für Ihre Arbeit etwas bringen?
Hofmann: Erst einmal wäre es gut, wenn jede Stadt einen Mietspiegel hätte und der auch regelmäßig überprüft würde. Was man dann auch auf keinen Fall vergessen darf, ist, dass der dann auch bindend sein muss. Wenn man das schwammig lässt, hat man einen bundeseinheitlichen Mietspiegel, der nur Durchschnittswerte abbildet. Das bringt dann nicht viel.
Wenn, dann soll man daran auch das Wohngeld koppeln oder auch die Übernahme von Unterkunftskosten im Sozialgesetzbuch II. Irgendeinen Nutzen muss der Mietspiegel haben. Oder man sagt, man deckelt die Mieten und sagt den Vermietern: So eine Miethöhe liegt – in Anführungszeichen – im Bereich der Asozialität.
Das Interview führte Hilde Regeniter.