Milchbauer Gerhard Heinze aus dem Münsterland hofft weiter

Preiserhöhung ist "noch nicht angekommen"

Von Entspannung ist bei Gerhard Heinze nichts zu spüren. Auch rund zwei Monate nach dem Ende des Lieferboykotts bei Milch und einer Einigung mit dem Einzelhandel auf höhere Milchpreise kann er von besseren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nichts vermelden. "Die Einigung im Streit um die höheren Milchpreise ist bei uns noch nicht angekommen", sagt der 55-jährige Milchbauer.

Autor/in:
Michael Bosse
 (DR)

Derzeit liege der Preis für einen Liter Milch bei 32 bis 33 Cent, das seien zehn Cent weniger, als von den Milchbauern gewünscht.

130 Milchkühe hält Heinze auf seinem Hof in Velen (Kreis Borken) im Münsterland. 90 000 Kilogramm Milch geben die Tiere pro Monat. Zweimal pro Tag - um 6.00 und 17.00 Uhr - werden sie gemolken. Der Hof wird mit vier Leuten bewirtschaftet, die Milchviehhaltung auf dem 21 Hektar großen Anwesen ist ein Vollzeitjob. "Unser Jahresurlaub umfasst drei Tage", betont Ehefrau Gertrudis.

Dennoch mache die Arbeit Spaß - solange die Erträge stimmen und die Milchbauern nicht draufzahlen müssen. "Wir können nicht die Kulis der Nation sein", sagt Gerhard Heinze. Erschwerend komme hinzu, dass die Energiepreise gestiegen und auch die Kosten für Futtermittel nach oben gegangen seien. "Diese Preise können wir auf Dauer nicht abfangen", befürchtet der 55-Jährige.

"Verhalten optimistisch"
Und daran hat sich auch nach der Einigung bei den Milchpreisen, die nach tagelangen Protesten vor Molkereien und Einzelhandelszentralen sowie einem Lieferboykott Anfang Juni erzielt wurde, nichts geändert. "Die Einigung hat zumindest dafür gesorgt, dass die Milchpreise nicht noch weiter runtergehen", sagt Heinze. Nachbesserungsbedarf bestehe deshalb weiterhin. Und auch nach dem "Milchgipfel" vom vergangenen Dienstag seien noch keine konkreten Schritte zur Verbesserung der Lage abzusehen. Dennoch sei er "verhalten optimistisch", dass die Politiker die Notlage erkannt haben und handeln.

Für Heinze, der im nordrhein-westfälischen Landesteam des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter (BDM) aktiv ist, gibt es nur einen Ausweg aus der Krise. "Die Milchmenge muss verknappt werden, um den Preis zu erhöhen", erläutert er. In Absprache mit der EU müsse eine Lösung gefunden und den Milchbauern die Möglichkeit gegeben werden, bei sinkenden Preisen die Milchproduktion zu reduzieren. Wenn man alles nur dem freien Spiel des Marktes überlasse und die Preise freigäbe, müssten zahlreiche Milchbauern dagegen das Handtuch werfen. "Dann haben zwei Drittel bis drei Viertel der Höfe keine Chance mehr", sagt er.

Die Hoffnung bleibt
Noch hofft Heinze, dass im Rahmen der EU eine Lösung gefunden wird. "Deutschland ist in der EU der größte Milcherzeuger. Von daher hat unsere Stimme schon Gewicht", sagt er. Schließlich soll sein Sohn Norbert einmal die Geschäfte auf dem Hof übernehmen. Dass der Job allerdings nicht immer ungefährlich ist, musste der 24-Jährige erst vor kurzem erfahren. Eine Kuh war ihm auf den Fuß getreten. Fürs Erste ist er wegen eines Fußbruchs nun auf Krücken angewiesen.

Derzeit gibt es bundesweit rund 102 000 Milchbauern mit 4,1 Millionen Milchkühen, wobei eine Kuh auf rund 7000 Liter im Jahr kommt. Nach Angaben der Landesvereinigung der Milchwirtschaft Nordrhein-Westfalen schlägt die vereinbarte Preiserhöhung nicht durch, weil nur rund ein Drittel der Milchmenge in die Produktion von Trinkmilch geht.

Zudem solle die Milchquote 2015 abgeschafft werden, wie der Sprecher der Landesvereinigung, Frank Maurer, sagt. Die Forderungen nach einer Regulierung des Marktes stehen dieser Entwicklung entgegen. Sollte die Milchmenge in Deutschland gesenkt werden, könnten zudem Milchbauern aus Ländern wie der Niederlande oder Dänemark die Versorgung der hiesigen Molkereien übernehmen. In den Nachbarländern wird nämlich mehr als für den nationalen Bedarf erforderlich produziert.