Militärbischof berichtet von Treffen der Militärordinariate

"Soldaten schützen Menschenrechte"

In Wien konferieren Militärbischöfe aus aller Welt über ihre Aufgaben beim Schutz der Menschenrechte. Der Initiator und österreichische Militärbischof Werner Freistetter sieht durch westliche Soldaten die Menschenrechte geschützt.

In Wien beraten sich Militaerbischoefe aus aller Welt ueber ihre Aufgaben beim Schutz der Menschenrechte. Hier spricht ein ukrainischer Militaerseelsorger mit einem verletzten Soldaten. / © Ben Birchall (dpa)
In Wien beraten sich Militaerbischoefe aus aller Welt ueber ihre Aufgaben beim Schutz der Menschenrechte. Hier spricht ein ukrainischer Militaerseelsorger mit einem verletzten Soldaten. / © Ben Birchall ( dpa )

DOMRADIO.DE: Sie haben großes Interesse an Zusammenkünften zum Austausch der Militärbischöfe. Warum ist dieser in Ihren Augen so wichtig?

Militärbischof Werner Freistetter / © Josef Kuss (Österreichische Bischofskonferenz)

Bischof Werner Freistetter (Katholischer Militärbischof von Österreich): Wir haben vor mehr als 20 Jahren damit begonnen. Damals ist es darum gegangen, den ehemals kommunistischen Ländern eine Plattform für den Austausch zu schaffen. Wir wurden vom Heiligen Stuhl gebeten diesen Länder zu helfen, sich auf die neue Situation einzustellen. Im Dialog und in der Diskussion sollten wir unsere Erfahrungen und unsere juridischen Ordnungen ins Spiel bringen.

Das hat sich dann zu einer internationalen Konferenz ausgeweitet, weit über den ursprünglichen Teilnehmerkreis hinaus. Die Militärbischöfe sind an diesen Fragen, besonders an der Frage der Menschenrechte in allen Dimensionen außerordentlich interessiert, besonders für die Armee. Jetzt haben wir nach zwei Jahren Zwangspause wieder damit begonnen.

DOMRADIO.DE: Man könnte meinen, dass ein Militär Menschenrechte eher verletzt als sie zu schützen, wenn man an die Kriegsverbrechen in Butscha denkt.

Werner Freistetter

"Die Hauptaufgabe unserer Armeen, in den letzten Jahrzehnten waren friedenserhaltende Einsätze. Militärs haben direkt Menschenrechte geschützt."

Freistetter: Das sind klare Kriegsverbrechen. Es gibt in allen Armeen der Industriestaaten Diskurse über humanitäres Völkerrecht und den Schutz der Menschenrechte.

Ich möchte darauf hinweisen, dass die Hauptaufgabe unserer Armeen, in den letzten Jahrzehnten in Deutschland, wie in Österreich, friedenserhaltende Einsätze waren. Militärs haben also direkt Menschenrechte geschützt.

Ein wichtiger Punkt war das zerfallende Jugoslawien mit den Konflikten dort. Da wurden natürlich auch unsere deutschen und österreichischen Soldaten eingesetzt, um in einem Bürgerkrieg die Menschen zu schützen. Wir haben eine jahrzehntelange Tradition, dass das Militär zum Schutz von Menschen eingesetzt wird.

DOMRADIO.DE: Genauso, wie die Lage der Menschenrechte in den verschiedenen Ländern unterschiedlich ist, ist doch bestimmt auch die Aufgabe der verschiedenen Militärordinariate unterschiedlich. Die Menschenrechtslage im Kongo oder in China ist ja eine andere als in Deutschland oder Österreich. Welche Impulse konnten Sie bei Ihrer Tagung mitnehmen?

Freistetter: Wir haben viele Berichte aus Ländern gehört, wo bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen und wo es darum geht, terroristische Organisationen zu bekämpfen.

Hier stellen sich diese Fragen in ihrer ganzen Schärfe. Die Militärs, Bischöfe und die Vertreter der Militärordinariate waren außerordentlich interessiert daran, wie wir unsere Soldaten in solchen Einsätzen schulen.

Durch die friedenserhaltenden Einsätze haben wir eine lange Tradition und Erfahrung. Die Militärordinariate mit den ihnen anvertrauten Soldatinnen und Soldaten stehen vor ganz besonders schwierigen Herausforderungen.

DOMRADIO.DE: Was sind das für Schulungen oder Maßnahmen, von denen Sie sprechen?

Freistetter: Die Soldaten üben zum Beispiel, wie man Objekte gegen eine angreifende terroristische Gruppe schützt oder wie man bei Demonstrationen deeskalierend wirken kann. Diese Ausbildung brauchen sie, wenn sie am Balkan, im Nahen Osten und überall auf der Welt im Einsatz sind, dass nicht der Schusswaffengebrauch das erste Mittel ist, sondern dass man auch als Militär die Deeskalation übt.

Das hat man lange als zusätzliche Aufgabe für Armeen betrachtet. Was sonst eher polizeiliche Einsätze ausmacht, obwohl das nicht die originäre Aufgabe der Soldaten ist.

DOMRADIO.DE: Wenn man sich in der Welt umschaut, ist nicht alles positiv zu beurteilen. Es gibt in vielen Ländern einen Rechtsruck und Presse- und Menschenrechtsverletzungen. Konnten Sie auch einen optimistischen Blick in die Zukunft bekommen?

Werner Freistetter

"Man hat als Militär meistens keinen direkten Einfluss auf militärische Vorschriften oder militärische Übungen oder darauf wie das gestaltet wird."

Freistetter: Optimistisch hat mich gestimmt, mit welcher Entschlossenheit sich die verschiedenen Militärorganisationen für den Schutz der Menschenrechte in ihren Ländern einsetzen.

Hier kommt es ganz besonders auf die Bewusstseinsbildung an. Man hat als Militär meistens keinen direkten Einfluss auf militärische Vorschriften oder militärische Übungen oder darauf, wie das gestaltet wird. Es kommt also ganz besonders auf die Bewusstseinsbildung an.

Da können natürlich kirchliche Institution wie Militärordinariate im Sinne von Gewissens- und Bewusstseinsbildung einwirken.

DOMRADIO.DE: Gibt es in Russland auch ein Militärordinariat?

Freistetter: Die haben eine orthodoxe Militärseelsorge.

DOMRADIO.DE: Waren von dort auch Kollegen beim Treffen dabei?

Freistetter: Nein, das war eine katholische Veranstaltung. Es wäre interessant, mal vorzufühlen, ob die Autoritäten dort bereit wären, zu einer solchen Tagung zu kommen. Im Moment ist das nicht die Zeit dafür, denke ich.

Das Interview führte Uta Vorbrodt.

Militärseelsorge

Nach dem Soldatengesetz hat jeder Soldat und jede Soldatin Anspruch auf Seelsorge und ungestörte Religionsausübung.

Bislang leisten in der Bundeswehr die evangelische und die katholische Kirche sowie die jüdische Gemeinschaft eine vertraglich vereinbarte Militärseelsorge für die Soldaten und deren Angehörige.

Soldaten der Bundeswehr / © Daniel Reinhardt (dpa)
Soldaten der Bundeswehr / © Daniel Reinhardt ( dpa )
Quelle:
DR