DOMRADIO.DE: Der neue Verteidigungsminister Boris Pistorius ist an diesem Donnerstag im Bundestag vereidigt worden. Waren Sie über die Auswahl von Pistorius für das Amt überrascht?
Monsignore Rainer Schnettker (Militärdekan): Überrascht war ich sicherlich, weil ich erstens in diesen ganzen Vorüberlegungen nicht eingebunden war und er sicherlich auch nicht so bekannt war. Aber das haben wir öfter, dass Überraschungsmomente plötzlich kommen. Wer weiß, wofür es gut ist.
DOMRADIO.DE: Und jetzt ist es keine Frau mehr.
Schnettker: Das war ja im Vorfeld auch so, dass es weniger um Quoten und anderen Dinge gehen sollte, sondern dass die Qualifizierung der Person wesentlichfür den Auftrag ist .
DOMRADIO.DE: Mit Russlands Krieg gegen die Ukraine hat Olaf Scholz vor elf Monaten eine Zeitenwende ausgerufen. Investitionen von 100 Milliarden Euro sollten für die Bundeswehr bereitgestellt werden. Man hat aber den Eindruck, dass es eine Zeitenwende in Zeitlupe ist. Wie wird diese Gemengelage von den Soldatinnen und Soldaten aufgenommen?
Schnettker: Man hört immer aus der Generalität, dass es für die Soldaten und Soldatinnen wesentlich ist, wenn sie diesen schweren Auftrag erfüllen sollen und auch wollen, dass auch die Ausstattung und das Gerät vorhanden sein muss. Wenn das nicht der Fall ist, ist das Ganze noch gefährlicher. Von daher wird es Zeit, dass das Ganze jetzt umgesetzt wird.
DOMRADIO.DE: Gerade geht es auch darum, dass aus Deutschland Kampfpanzer in die Ukraine geschickt werden. Es gab lange ein großes Zögern. Wie sehen Sie das als Kirchenmann? Lieber Schutzhelme liefern oder lieber Kampfpanzer?
Schnettker: Wenn Sie den Vergleich nehmen, ist die Antwort natürlich relativ einfach. Denn mit Schutzhelmen kann man sich schlecht verteidigen. Da kann man sich nur wegducken. Es ist ja die Frage, mit welchen Mitteln es möglich ist, die Menschen in der Ukraine auf einen Friedensweg zu bringen.
Das scheint, wie man offensichtlich sieht, nicht ohne zu gehen. Was jetzt militärisch notwendig ist, kann ich nicht beurteilen, da bin ich kein Fachmann. Aber ich glaube, dass es schon wichtig ist, dass die internationale Gemeinschaft diese Waffen auch liefert.
DOMRADIO.DE: Sie feiern den Gottesdienst im Kölner Dom mit und der Titel der diesjährigen Botschaft von Papst Franziskus, die er zum 56. Welttag des Friedens verfasst hat, lautet: "Niemand kann sich alleine retten. Nach Covid 19 neu beginnen, um gemeinsam Wege des Friedens zu erkunden."
Schnettker: Das ist die Botschaft des Papstes. Die zieht sich auch im Gottesdienst immer wieder durch. Der Hintergrund der Botschaft ist, glaube ich, das, was wir auch bei uns in der Gesellschaft spüren, dass die Solidarität, das Miteinander nicht zerbrechen darf. Das betrifft nicht nur die Kirche, sondern das betrifft auch die Gesellschaft als solches.
Da haben wir sicherlich durch die Corona-Pandemie einiges nachzuholen, dass wir uns gesellschaftlich auch unter dem Aspekt der Demokratie wieder zusammenfinden. Ich glaube deswegen ist die Botschaft schon wichtig und dann natürlich auch umzusetzen.
DOMRADIO.DE: Wir haben uns hier vor einem Jahr unter strengen Corona-Bedingungen getroffen. Inzwischen ist das anders.
Schnettker : Ja, zum Glück. Es passt eigentlich zu dem, was die Botschaft auch sagt, dass wir im wahrsten Sinne des Wortes wieder enger zusammenrücken können und dadurch auch den Weg nicht alleine gehen müssen, wie es ja teilweise unter der Pandemie der Fall war.
Das Interview führte Tobias Fricke.