Millionen protestieren gegen Trump

"Betroffen und entsetzt"

Proteste in aller Welt haben den ersten vollen Amtstag von Donald Trump begleitet. Kritik kam auch von der Kirche. Trump selbst ignoriert die Kritik - und feuert stattdessen neue Breitseiten gegen die Medien ab.

Tausende auf der Straße  / © Nick Otto (dpa)
Tausende auf der Straße / © Nick Otto ( dpa )

Einen Tag nach seiner Vereidigung sind weltweit Millionen Menschen gegen US-Präsident Donald Trump auf die Straße gegangen. Nach Schätzungen von Medien versammelten sich allein in Washington am Samstag mindestens 500 000 Menschen zu einem "Marsch der Frauen". Der Verkehr im Herzen der US-Hauptstadt war fast den ganzen Tag über lahmgelegt.

Mit Blick auf den neuen US-Präsidenten Donald Trump ruft Papst Franziskus die Welt zur Besonnenheit auf. Niemand sollte "sich erschrecken oder sich freuen über etwas, was passieren
könnte", sagte das Oberhaupt der katholischen Kirche der spanischen Tageszeitung "El Pais".

Diese gehört wie die "Welt am Sonntag" zur "Leading European Newspaper Alliance", in der sieben Zeitungen zusammenarbeiten. "Man wird sehen, was er tut, dann werde ich mir meine Meinung bilden",
sagte Franziskus. Der Papst gab das Interview in den Minuten, in denen Trump seinen Amtseid ablegte.

Haltung zeigen

Auch in Deutschland wurde demonstriert. Kritisch äußerte sich auch der katholische Bischof von Hildesheim, Norbert Trelle. Er war war nach eigenem Bekunden "betroffen und entsetzt" von der ersten Rede des neuen US-Präsidenten Donald Trump nach dessen Amtseinführung. Vor allem die Botschaft "America first" mache ihm Sorgen, sagte der Bischof am Wochenende in Verden.

Zugleich rief Trelle dazu auf, prophetisch die Stimme gegen den Populismus zu erheben und Haltung zu zeigen. Politiker müssten Anwalt der globalen Menschheit sein und dürften nicht Mauern und Wälle errichten: "In dieser Welt überleben wir nur in Gemeinsamkeit."

Niemand dürfe auf die Verliererstraße geschickt werden. Die Kirchen müssten gesellschaftlich anwesend bleiben und ihre Überzeugen gemeinsam vertreten, betonte der Bischof beim Neujahrsempfang des
Diözesanrates der Katholiken.

"Medien zur Rechenschaft ziehen"

Der sonst so twitterfreudige Trump äußerte sich zumindest zunächst nicht zu den Demonstrationen. Stattdessen feuerte er erneut Breitseiten gegen die "unehrlichen" Medien und warf ihnen unter anderem vor, absichtlich falsche Angaben über die Besuchermenge bei seiner Vereidigung am Freitag verbreitet zu haben.

Er bezog sich dabei unter anderem auf Tweets, in denen ein Bild vom Publikumsandrang bei seiner Amtseinführung neben eine Aufnahme von den Zuschauern bei der Vereidigung seines Vorgängers Barack Obama gestellt worden war. Das Foto von der Trump-Vereidigung zeigte eine leere Fläche, die auf dem vergleichenden Bild voll bevölkert war.

Trump war offenbar so erzürnt, dass er seinen Sprecher Sean Spicer in den Presseraum des Weißen Hauses schickte, um die Medien anzugreifen. Das Foto von Trumps Vereidigung sei absichtlich so ausgeschnitten, dass es die Wahrheit verzerre, sagte Spicer und sprach von einem "schändlichen" Vorgang. "Wir werden die Medien ebenfalls zur Rechenschaft ziehen. Das amerikanische Volk hat Besseres verdient", sagte er.

Demos in hunderten Städten

Neben der Massenkundgebung gegen Trump in Washington gab es «Schwesternmärsche» in mehreren hundert Städten der USA und im Ausland - von London über Paris bis nach Mexiko-Stadt und Sydney in Australien. Auch in Berlin, Heidelberg, Frankfurt und München kam es zu - wenn auch viel kleineren - Demonstrationen.

In Schätzungen war von 2,5 Millionen Protestlern weltweit die Rede und der größten Demonstration im Zusammenhang mit dem Amtsantritt eines neuen Präsidenten in der Geschichte der USA. Offiziell bestätigt wurden die Zahlen aber zunächst nicht.

Die Proteste richteten sich unter anderem gegen Frauenfeindlichkeit, Gewalt, Rassismus, Homophobie und religiöse Intoleranz - sie reichten also weit über frauenspezifische Fragen hinaus. So marschierten auch zahlreiche Männer und Kinder mit.

Erwartungen übertroffen

Die Demonstrationen waren schon seit längerem geplant gewesen, aber Trumps unversöhnliche, düster-aggressiven Antrittsrede im Stil seines Wahlkampfes mobilisierte anscheinend die Menschen zusätzlich. Vielerorts wurden die Erwartungen der Veranstalter bei weitem übertroffen, so in Washington, wo zunächst mit 200 000 Demonstranten gerechnet worden war. Prominente wie die Schauspielerinnen Emma Watson, Ashley Judd und Scarlett Johansson sowie die Sängerinnen Madonna und Alicia Keys feuerten hier die Menge an.

Große Demonstrationen mit schätzungsweise mehr als 100 000 Teilnehmern gab es auch in New York, Chicago, Boston, Denver, Seattle und Los Angeles. In Los Angeles waren unter anderem Jane Fonda, Miley Cyrus und Marcia Gay Harden zu den Protesten gekommen. Bis zum Abend blieben die Demonstrationen zumeist friedlich, es gab lediglich Berichte über kleinere Ausschreitungen.

Versuch der Versöhnung mit Geheimdiensten

Trump hatte den Samstag mit einer Andacht in der National Cathedral begonnen. Am Nachmittag dankte er den Mitarbeitern der Geheimdienste bei einem Besuch im CIA-Hauptquartier in Langely (Virginia) Besuch für ihre Arbeit und versicherte: "Ich stehe 1000-prozentig hinter euch." Es war ein offensichtlicher Versuch der Versöhnung, nachdem er sich in den vergangenen Wochen wiederholt mit der Geheimdienstgemeinde angelegt hatte.

Noch am Abend seiner Vereidigung hatte der Republikaner damit begonnen, die Politik seines Vorgängers Barack Obama rückgängig zu machen. So unterschrieb er in einer seiner ersten Amtshandlungen eine Anordnung, mit der die Versicherungspflicht für alle und damit die flächendeckende Gesundheitsvorsorge in den USA abgeschafft werden könnte, ohne dass bisher ein Ersatz in Sicht ist.


Bischof Norbert Trelle / © Holger Hollemann (dpa)
Bischof Norbert Trelle / © Holger Hollemann ( dpa )

Papst Franziskus kommt am 18.01.2017 im Vatikan zur wöchentlichen Generalaudienz.  / © Andrew Medichini (dpa)
Papst Franziskus kommt am 18.01.2017 im Vatikan zur wöchentlichen Generalaudienz. / © Andrew Medichini ( dpa )
Quelle:
dpa , KNA