DOMRADIO.DE: Ganz konkret droht aktuell in Pakistan einem katholischen Ehepaar die Todesstrafe. Was genau wird den beiden vorgeworfen?
Berthold Pelster ("Kirche in Not"): Dieses Ehepaar soll islamkritische Äußerungen in englischer Sprache getätigt und per SMS verbreitet haben. Das klingt ein bisschen absurd, weil dieses Ehepaar gar kein Englisch spricht.
Das ist ein Beispiel dafür, wie leicht Christen verdächtigt werden Blasphemie geäußert zu haben, also islamkritische Äußerungen gegenüber dem Koran oder gegenüber dem Propheten Mohammed getätigt zu haben.
Die Christen sind aber nicht die einzigen, die von diesen Blasphemie-Gesetzen betroffen sind. In den letzten Jahren hat es mehr als 1.000 solcher Fälle gegeben. Die meisten Angeklagten waren Muslime und vor allen Dingen auch Angehörige der Minderheitsgemeinschaft der Ahmadiyya.
DOMRADIO.DE: Welche Länder sind denn von Einschränkungen der Religionsfreiheit besonders betroffen?
Pelster: Kirche in Not hat in diesen Tagen einen neuen Bericht "Religionsfreiheit weltweit" herausgegeben. Zum 14. Mal haben wir das gemacht. Die Situation ist nach wie vor sehr angespannt. Es ist leider nicht überraschend, dass bis heute in vielen Teilen der Welt Menschen ihre Religion nicht ungehindert praktizieren können.
Wir haben einen Kriterienkatalog angelegt und danach die Länder einsortiert. Wir haben also für jedes Land dieser Erde untersucht, wie es mit der Religionsfreiheit aussieht. Wir haben herausgefunden, dass es 38 Länder gibt, in denen schwerwiegende Verletzungen und Einschränkungen der Religionsfreiheit vorherrschen. Man kann das aber auch noch ein bisschen differenzieren. Es sind 17 Länder, wo es Diskriminierungen gibt und 21 Länder, wo man wirklich von Verfolgung sprechen muss.
DOMRADIO.DE: Dabei ist das Recht auf freie Religionsausübung ein in der Menschenrechtscharta sogar verankertes Recht. Wieso gibt es trotzdem diese Zahlen?
Pelster: Menschenrechte durchzusetzen ist zunächst einmal eine staatliche Aufgabe. Das muss die Politik leisten. Nun gibt es aber viele Länder auf dieser Erde, die entweder nicht in der Lage sind Menschenrechte zu schützen, weil sie einfach schwache Staaten darstellen. Oder es gibt autoritäre Regierungen, wo die Machthaber dann gar nicht gewillt sind, Menschenrechte einzuräumen. Davon ist dann oft die Religionsfreiheit betroffen.
Aber nicht nur die Religionsfreiheit, denn eine Tatsache ist auch, dass immer dort, wo Christen oder andere Religionsgemeinschaften unterdrückt und verfolgt werden, es auch keine Meinungsfreiheit, oft auch keine Pressefreiheit oder keine Versammlungsfreiheit gibt. Das heißt, wo ein Menschenrecht verletzt wird, werden oft auch viele andere Menschenrechte verletzt.
DOMRADIO.DE: Wer wäre da jetzt im Zug? Zum Beispiel die internationale Staatengemeinschaft, die dafür sorgen müsste, dass dieses Recht auch wirklich eingehalten wird?
Pelster: Ja, natürlich. Die internationale Politik versucht, auf diplomatischen Kanälen dort etwas zu erreichen. Es gibt die allgemeine Charta der Menschenrechte. Es gibt weitere völkerrechtliche Rechtspakete, die die verschiedenen Staaten unterzeichnet können.
Sobald ein Staat das unterzeichnet hat, kann er daran gemessen werden und von der internationalen Staatengemeinschaft immer wieder darauf hingewiesen werden - insbesondere auf Verstöße gegen diese Menschenrechtskataloge.
DOMRADIO.DE: Welche Handhabe haben Sie als "Kirche in Not" wenn man nochmal zurückkommt zu dem Ehepaar in Pakistan? Haben Sie da Möglichkeiten zu unterstützen und die zwei zu retten?
Pelster: Direkte Einflussmöglichkeiten haben wir da leider nicht. Wir stehen aber in Kontakt mit solchen Christen. Wenn man einmal auf den Fall Asia Bibi schaut: "Kirche in Not" steht seit langer Zeit mit der Familie, mit den engsten Familienangehörigen von Asia Bibi, in Kontakt. Wir haben den Ehemann und eine der Töchter zu Aktionen von "Kirche in Not" eingeladen.
Wir haben auch seit einigen Jahren die Aktion "Red Wednesday", also roter Mittwoch. Diese Aktion hat in diesem Jahr zum ersten Mal am vergangenen Mittwochabend in Mainz stattgefunden. "Red Wednesday" heißt, dass eine Kirche rot angestrahlt wird. Sie wird in blutrotes Licht getaucht, als Mahnmal gegen die Unterdrückung von Christen und anderen Religionsgemeinschaften und als Appell, mehr für Religionsfreiheit zu tun.
Das Interview führte Verena Tröster.