Bei einer Serie von mutmaßlich islamistisch motivierten Bombenanschlägen auf christliche Kirchen sind am Sonntag in Indonesien mindestens zehn Menschen getötet worden. Nach Polizeiangaben gab es mindestens 40 Verletzte. Die Großstadt Surabaya auf der Insel Java wurde am Morgen innerhalb von wenigen Minuten von mehreren Explosionen erschüttert. Insgesamt sind drei Kirchen betroffen. Die Behörden vermuten, dass islamistische Terroristen dahinter stecken.
Indonesien ist das bevölkerungsreichste muslimische Land der Welt. Mehrfach gab es dort schon Anschläge von Islamisten. Die Behörden vermuten, dass die Bombenserie das Werk einer Gruppe mit Verbindungen zur Terrormiliz Islamistischer Staat (IS) ist. Ein Sprecher des indonesischen Geheimdienstes NIA machte die Gruppe Jemaat Ansharud Daulah (JAD) dafür verantwortlich. Ein Bekennerschreiben oder Ähnliches gab es zunächst aber nicht.
Christen machen 10 Prozent aus
Die erste Explosion ereignete sich gegen 07.30 Uhr (01.30 Uhr MESZ) in einer katholischen Kirche namens Santa Maria. Nach Angaben von Augenzeugen geschah dies kurz vor Beginn eines Gottesdienstes. Im Fernsehen waren Bilder der stark beschädigten Kirche zu sehen. Zeugen berichteten von zahlreichen Opfern. Kurze Zeit später gab es weitere Explosionen in einer Kirche, die der Pfingstbewegung gehört, und in einem protestantischem Gotteshaus.
Die Hafenstadt Surabaya ist mit mehr als 2,6 Millionen Einwohnern zweitgrößte Stadt des Inselstaates. Indonesien hat seit mehr als anderthalb Jahrzehnten immer wieder mit islamistischer Gewalt zu tun. Bei einem Anschlag auf der Ferieninsel Bali starben 2002 mehr als 200 Menschen. Von den mehr als 260 Millionen Einwohnern sind mehr als 85 Prozent muslimischen Glaubens. Katholische und protestantische Christen machen etwa zehn Prozent der Bevölkerung aus.
Papst betet für Opfer
Der NIA-Sprecher Wawan Purwanto sagte im Fernsehsender Metro-TV, die Terrorgruppe JAD habe ursprünglich Anschläge auf die Polizei geplant. "Aber weil die Polizei vorbereitet war, haben sie sich jetzt andere Ziele ausgesucht." Erst am Donnerstag war in der Nähe von Jakarta ein Gefängnisaufstand mit insgesamt sechs Toten zu Ende gegangen, darunter fünf Polizisten. Bei einem Teil der Häftlinge soll es sich um IS-Anhänger gehandelt haben.
Papst Franziskus hat den Opfern der Anschläge seine besondere Nähe ausgesprochen. "Ich bete für die Opfer und ihre Angehörigen", sagte er beim traditionellen Mittagsgebet am Sonntag auf dem Petersplatz. Zusammen wolle man "den Gott des Friedens" bitten, der Gewalt Einhalt zu gebieten. In den Herzen der Menschen solle es statt Hassgefühlen vielmehr Versöhnung und Geschwisterlichkeit geben. Dabei bat er die Menschen auf dem Platz um ihr stilles Gebet.
Die größte muslimische Massenorganisation Indonesiens, Nahdlatul Ulama (NU), übte deutliche Kritik. "Alle Taten, insbesondere die, die im Namen der Religion verübt werden und dabei Terror, Hass und Gewalt verbreiten, entsprechen nicht dem Charakter des Islam", erklärte die Organisation, die etwa 50 Millionen Mitglieder hat. Die islamische Organisation "Muhammadiyah" verurteilte die Taten ebenfalls.
Indonesiens Außenministerin Retno Marsudi verurteile die Anschläge scharf und sprach den Familien der Toten sowie den Verletzten ihr Mitgefühl aus.
Weltkirchenrat entsetzt
Ebenso verurteilte der Weltkirchenrat die Angriffe auf das Schärfste. Die Attacken auf betende Menschen seien schockierend, erklärte der Generalsekretär des Rates, Olav Fykse Tveit, in Genf.
Angesichts der schieren Brutalität müssten alle Menschen guten Willens zusammenstehen. Der norwegische Lutheraner Tveit forderte die Regierungen Indonesiens und der anderen Länder in Südostasien auf, die Angehörigen aller Religionen vor Angriffen zu schützen. Unter den rund 350 Mitgliedskirchen des Ökumenischen Rates der Kirchen befinden sich 27 in Indonesien.
2019 Präsidentschafts- und Parlamentswahlen
Gomar Gultom, Generalsekretär des Dachverbands der protestantischen Kirchen Indonesiens, erklärte auf Facebook: "Wir haben keine Angst vor der terroristischen Gefahr und verlassen uns voll und ganz darauf, dass der Staat diese Bedrohung in den Griff bekommt." Zugleich mahnte Gultom, das Programm der Antiterrorbehörde zur Deradikalisierung von Islamisten werde fehlschlagen, wenn Prediger weiterhin ungehindert "Radikalismus und Gewalt" verbreiten könnten.
Die Anschläge sorgen in Indonesien auch mit Blick auf eine Serie von Ereignissen mit nationaler und internationaler Tragweite für Verunsicherung. Im Juni finden in Teilen des Landes Kommunalwahlen statt. Im August ist Indonesien zudem Gastgeberland des internationalen Sportveranstaltung "Asean Games". Im Oktober findet auf Bali die Konferenz von Weltbank und Internationalem Währungsfonds (IWF) statt. Im Frühjahr 2019 stehen dann Präsidentschafts- und Parlamentswahlen an.