Ministerin drängt auf Dialog zwischen Kirchen und Bamf

SPD-Landesministerin lehnt Eingriffe ins Kirchenasyl ab

Eingriffe ins Kirchenasyl soll es nach dem Willen von SPD-Landesinnenministerin Daniela Behrens in Niedersachsen bis auf
Weiteres nicht mehr geben. "Für die Landesregierung und mein Haus ist klar, dass wir das Kirchenasyl anerkennen".

Schild zum Kirchenasyl in einer evangelischen Kirche / © Hans-Juergen Bauer (epd)
Schild zum Kirchenasyl in einer evangelischen Kirche / © Hans-Juergen Bauer ( epd )

Das sagte Behrens am Dienstag nach einem Gespräch mit Vertretern des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF), der Landesaufnahmebehörde und der evangelischen Kirche. Weiter sei für sie klar, dass sie keine Rückführungen oder Überstellungen aus dem Kirchenasyl durchführen wollen. Anlass des Treffens war die Beendigung eines Kirchenasyls durch das Land in Bienenbüttel Mitte Mai.

Die Ministerin wies darauf hin, dass das Land bei den Entscheidungen über das Kirchenasyl nicht eingebunden sei. Es fungiere lediglich als Vollzugshelfer und befinde sich in einer "Sandwich-Position" zwischen den Kirchen und dem BAMF. Angesichts drastisch gestiegener Kirchenasyl-Zahlen drang Behrens zugleich auf einen Dialog zwischen den Kirchen und dem Bundesamt. Es solle das Verständnis von Härtefällen zwischen Kirchen und Behörden neu austariert werden.

An dem Gespräch im Innenministerium hatte auch der hannoversche Landesbischof Ralf Meister teilgenommen. Er bezeichnete die Beendigung des Kirchenasyls in Bienenbüttel als "schmerzliche und schockierende Erfahrung". Er begrüßte Behrens' Zusage, auf solche Eingriffe vorerst zu verzichten. Kirchenasyle würden aus "christlicher und humaner Überzeugung" gewährt, betonte der Theologe.

Stark gestiegene Anzahl der Kirchenasyl-Fälle

Der Beschluss ist das Ergebnis eines Treffens von Behrens mit dem evangelischen Landesbischof Ralf Meister und weiteren evangelischen Kirchenvertretern in Niedersachsen sowie dem BAMF und der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen zum Thema Kirchenasyl. Hintergrund des Treffens war einerseits die stark gestiegene Zahl der Fälle von Kirchenasyl. Andererseits hatte die Überstellung einer russischen Familie aus einer Kirchengemeinde im niedersächsischen Bienenbüttel (Landkreis Uelzen) nach Spanien für Aufsehen gesorgt.

Beim sogenannten Kirchenasyl nehmen Gemeinden oder Ordensgemeinschaften vorübergehend Asylbewerber auf, um eine Abschiebung abzuwenden, weil diese für den Flüchtling eine Bedrohung an Leib und Leben darstellt. 2015 hatten sich Kirchen und BAMF laut Angaben auf ein Verfahren geeinigt. Nach diesem muss eine Kirchengemeinde in einem sogenannten Dossier die Gründe darlegen, warum sie im Einzelfall Kirchenasyl gewährt.

Trotz der gestiegenen Zahlen erkenne das BAMF nur in den wenigsten Fällen an, dass es sich bei den Verfahren um Härtefälle handele, erklärte die niedersächsische Innenministerin. "Das bringt uns als Land in eine Situation, in der wir Überstellungen, wie die der Familie aus Bienenbüttel nach Spanien, in Vollzugshilfe für das BAMF trotz menschlicher Härten durchführen müssen." 

Gemeinsames Verständnis entwickeln

Dies sei insbesondere für die Betroffenen hoch belastend, aber auch für die Gemeinden und alle an diesen Verfahren Beteiligten "keine angenehme Lage". Behrens ist deshalb nach eigenen Worten sehr daran gelegen, dass die Kirchen und das BAMF wieder ein gemeinsames Verständnis davon entwickeln, wann ein Härtefall vorliegt. Beide Parteien vereinbarten bei dem Treffen weitere Gespräche zu diesem Thema.

Landesbischof Meister begrüßte die Worte der Innenministerin. Sakrale oder sakral genutzte Räume genössen einen besonderen Schutz, der nicht angetastet werden solle. «Kirchengemeinden werden auch in Zukunft nach sorgfältiger Prüfung und als Gewissensentscheidung Kirchenasyl gewähren», betonte er.

Kirchenasyl

Beim sogenannten Kirchenasyl nehmen Gemeinden oder Ordensgemeinschaften vorübergehend Asylbewerber auf, um eine Abschiebung abzuwenden, weil diese für den Flüchtling eine Bedrohung an Leib und Leben darstellt. Schon aus dem vierten Jahrhundert ist bekannt, dass Flüchtlinge in Kirchen Schutz suchten.

Ein Schlafsack und ein Rucksack liegen auf einer Kirchenbank. Im Hintergrund steht ein Zelt. / © Harald Oppitz (KNA)
Ein Schlafsack und ein Rucksack liegen auf einer Kirchenbank. Im Hintergrund steht ein Zelt. / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
epd , KNA