Misereor blickt pessimistisch auf Afrika-Russland-Gipfel

"Zynismus pur"

Das katholische Entwicklungshilfswerk Misereor erwartet wenig Gutes vom anstehenden zweiten Russland-Afrika-Gipfeltreffen in Sankt Petersburg. Am Donnerstag und Freitag treffen sich dort mehr als ein Dutzend Staatsoberhäupter.

Symbolbild Getreideernte / © Orientaly (shutterstock)

Russlands Engagement in Afrika sei seit Jahren höchst problematisch, erklärte der Misereor-Experte für Afrikapolitik, Carsten Bockemühl, am Donnerstag in Aachen.

Partner vor Ort befürchten Sturm auf Rohstoffe

Undurchsichtige Wirtschaftsinvestitionen, vor allem in Öl, Gas und Bodenschätze, hätten zu Menschenrechtsverletzungen und ökologischem Schaden geführt, so Bockemühl. Wagner-Söldner schürten vielerorts Instabilität und stützten autokratische Regime. Der Gipfel beginnt am Donnerstag.

Bockemühl verwies auf Informationen von Misereor-Partnern vor Ort, die von einem Ansturm auf Rohstoffe sowie zunehmende Repressionen berichteten. Zu beobachten seien die Einschüchterung lokaler Menschenrechtsverteidiger und massive Freiheitsbeschränkungen für die Zivilgesellschaft.

Appell an EU-Staaten

Gleichzeitig führe Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine zu drastisch steigenden Lebensmittel- und Energiepreisen für alle afrikanischen Staaten. "Nun genau den Regierungen, deren Bevölkerungen wachsende Ernährungsunsicherheit erfahren, auf einem Gipfeltreffen Partnerschaft zu suggerieren, ist Zynismus pur", so der Misereor-Experte.

Aus Sicht des Hilfswerks ist zudem zu befürchten, dass der russisch-afrikanische Gipfel die Förderung von Öl und Gas forciert. "Dies würde die Nutzung fossiler Rohstoffe für viele weitere Jahre zementieren und die globalen Anstrengungen konterkarieren, Strukturen für eine fossilfreie Energieerzeugung auszubauen."

Misereor appellierte an die EU-Staaten, eine auf Partnerschaftlichkeit und Menschenrechte aufbauende EU-Afrikapolitik zu entwickeln. "Gerade die aktuelle besorgniserregende Lage im Niger macht erneut deutlich, wie wichtig eine europäisch abgestimmte menschenrechtsbasierte Wirtschafts-, Klima- und Energiepolitik der Bundesregierung wäre, die die Perspektiven der Menschen vor Ort in den Blick nimmt und an der Seite der Armen und Marginalisierten steht."

Bischöfliches Hilfswerk Misereor

Misereor ist das weltweit größte kirchliche Entwicklungshilfswerk. Es wurde 1958 von den katholischen Bischöfen in Deutschland auf Vorschlag des damaligen Kölner Kardinals Josef Frings als Aktion gegen Hunger und Krankheit in der Welt gegründet.

Der Name bezieht sich auf das im Markus-Evangelium überlieferte Jesuswort "Misereor super turbam" (Ich erbarme mich des Volkes). Sitz des Hilfswerks ist Aachen.

Logo des Bischöflichen Hilfswerks Misereor in einem Schaufenster / © Julia Steinbrecht (KNA)
Logo des Bischöflichen Hilfswerks Misereor in einem Schaufenster / © Julia Steinbrecht ( KNA )
Quelle:
KNA