Das berichten australische Medien am Freitag. Damian Dignan hatte im März 2016 in einem Interview die Ermittlungen gegen Pell ins Rollen gebracht. Er warf dem heute 76-Jährigen vor, ihn in den 1970er Jahren in einem Schwimmbad in Ballarat unsittlich berührt zu haben.
Amt als Finanzverwalter ruht
Der Vorwurf ist einer von mehreren, die gegen Pell erhoben wurden. Allerdings ist weder die genaue Zahl der Klagen noch deren Inhalt bislang veröffentlicht worden. Bei der Anklageerhebung im Juli 2017 hatte der Kardinal energisch seine Unschuld betont.
Er habe Papst Franziskus über die Entwicklungen informiert und werde in Absprache mit seinen Ärzten und Anwälten nach Australien reisen, „um meinen Namen rein zu waschen“, so Pell. Papst Franziskus hatte den unter Missbrauchsverdacht stehenden Kurienkardinal George Pell von seinem Amt als Finanzchef des Vatikan beurlaubt. Dies geschehe, damit Pell sich vor einem Gericht in seinem Heimatland Australien verantworten könne, hieß es in einer Erklärung des Vatikan.
2014 hatte Papst Franziskus den damaligen Erzbischof von Sydney zum Präfekten des neu geschaffenen vatikanischen Wirtschaftssekretariats ernannt. Pell gehört außerdem dem Kardinalsrat an, der den Papst bei der Kurienreform berät.
Seit 2002 Missbrauchsvorwürfe gegen Pell
Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs gegen Pell waren auch schon früher aufgekommen. 2002 war Pell von einer Untersuchungskommission der Erzdiözese Melbourne vom Missbrauchsvorwurf aus Mangel von Beweisen freigesprochen worden. Ein Mann hatte Pell beschuldigt, ihn als Zwölfjährigen in einem katholischen Jugendlager sexuell missbraucht zu haben.
Der Kardinal war im Oktober 2016 in Rom von australischen Polizisten zu den Missbrauchsvorwürfen verhört worden. Kardinal Pell sieht sich auch seit langem dem Vorwurf gegenüber, als Priester in Ballarat und später als Erzbischof von Melbourne an der Vertuschung von Missbrauchsfällen beteiligt gewesen zu sein.
In seinen Aussagen vor der staatlichen Missbrauchskommission hatte Pell den Vorwurf der Vertuschung von Missbrauchsfällen energisch zurückgewiesen. Als Erzbischof von Melbourne hatte Pell aber auch mit der "Melbourne Response" erste Standards für den Umgang mit Missbrauchsfällen gesetzt.
Vierwöchige Anhörung am Montag
Am Montag beginnt vor einem Gericht in Melbourne eine vierwöchige Anhörung, an deren Ende über die Eröffnung eines Hauptverfahrens gegen Pell entschieden wird.
In Australien ist noch ein weiteres Verfahren gegen einen hochrangigen Kirchenvertreter anhängig. Erzbischof Philip Wilson (67) von Adelaide wird vorgeworfen, Missbrauchsfälle nicht bei der Polizei angezeigt zu haben.