Missbrauchsaufarbeitung in Afrika bleibt schwierig

Kampf gegen die "Kultur des Schweigens"

Die Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche in Afrika ist trotz Fortschritten weiter schwierig. Das ist das Fazit einer Analyse der Zeitung "La Croix". Die "Kultur des Schweigens" sei noch nicht überwunden.

In der Kapelle von Burhale (Kongo) steht ein Kreuz auf dem Altar / © Harald Oppitz (KNA)
In der Kapelle von Burhale (Kongo) steht ein Kreuz auf dem Altar / © Harald Oppitz ( KNA )

Das Zwischenfazit zog die Zeitung zum dritten Jahrestag des internationalen Missbrauchsgipfels von Papst Franziskus (21. bis 24. Februar 2019) mit allen Vorsitzenden der Bischofskonferenzen weltweit.

Als Fortschritte seither verzeichnet das Blatt etwa, dass viele afrikanische Bischofskonferenzen Richtlinien zum Schutz Minderjähriger installiert oder weiter verschärft hätten. Auch habe sich die Mehrheit der afrikanischen Bistümer verpflichtet, Priester und Seelsorger für das Thema Missbrauch zu sensibilisieren.

Ordensfrau vor der Kirche Sainte-Anne de Kassai in Bangui (Zentralafrikanische Republik) / © Jean-Matthieu Gautier (KNA)
Ordensfrau vor der Kirche Sainte-Anne de Kassai in Bangui (Zentralafrikanische Republik) / © Jean-Matthieu Gautier ( KNA )

Zudem habe der überwiegende Teil der Diözesen wie 2019 vorgeschrieben Meldestellen für sexuellen Missbrauch eröffnet. In der Demokratischen Republik Kongo etwa hätten alle Diözesen solche Strukturen.

Es bleiben die alten Gewohnheiten

Allerdings hätten die Menschen "ihre alte Gewohnheit beibehalten, sich an einen der Generalvikare oder an den Erzbischof selbst zu wenden, um Missbrauchsfälle zu melden", beobachten sowohl der Kommunikationsdirektor der Erzdiözese Cotonou in Benin, Hubert Kedowide, als auch Georges Kalenga von der Bischofskonferenz des Kongo (Cenco).

Josee Ngalula (Kongolesische Theologin und Ordensschwester)

"In Afrika sind wir dazu erzogen, der Ehre der Gemeinschaft, der Gruppe den Vorrang zu geben"

Dennoch: Drei Jahre nach dem Vatikan-Gipfel habe sich der Diskurs in Afrika verändert, so Schwester Solange Sia, Leiterin des Zentrums zum Schutz von Minderjährigen und gefährdeten Personen in Abidjan, Elfenbeinküste. "Inzwischen denken immer weniger Menschen, dass das Problem sexuellen Missbrauchs in der Kirche kein afrikanisches Problem ist", so die Ordensfrau.

"Kultur des Schweigens"

Die kongolesische Theologin und Ordensschwester Josee Ngalula beobachtet allerdings weiterhin eine "Kultur des Schweigens". Sie begleitet als Seelsorgerin Opfer sexuellen Missbrauchs. "Denunzieren und beschuldigen setzt voraus, dass wir erzählen, was passiert ist, und das blockiert die Mehrheit der Opfer", sagte sie im Interview mit "La Croix Africa"; und weiter: "In Afrika sind wir dazu erzogen, der Ehre der Gemeinschaft, der Gruppe den Vorrang zu geben. Die Opfer haben Angst, dass sie die Ehre der Kirche beschmutzen, wenn sie ihre Stimme erheben." Schließlich werde oft angenommen, dass "ein Führer immer Recht hat".

Blick in die Synodenaula während der Eröffnung des Anti-Missbrauchsgipfels / © Cristian Gennari (KNA)
Blick in die Synodenaula während der Eröffnung des Anti-Missbrauchsgipfels / © Cristian Gennari ( KNA )

Die Zeitung greift auf afrikanische Beispiele aus der Zeit vor dem Missbrauchsgipfel zurück: So habe etwa ein burkinischer Priester eine sexuelle Begegnung zwischen einer 15-jährigen Minderjährigen und einem Pfadfinderpriester, die zu einer ungewollten Schwangerschaft führte, als "Liebesbeziehung" bezeichnet. Und ein togolesischer Seminarist berichtete: "Die Eltern eines Missbrauchsopfers gingen zu dem mutmaßlichen Täter, einem Priester, um sich zu entschuldigen. Sie hatten das Gefühl, dass ihre Tochter seinen Ruf beschmutzt habe."

Maßnahmen nach Anti-Missbrauchsgipfel

Zum Abschluss des Anti-Missbrauchsgipfels hat der Vatikan weitere konkrete Maßnahmen bekanntgegeben. So soll es in Kürze einen Papst-Erlass "zum Schutz von Minderjährigen und schutzbefohlenen Personen" geben, teilte der Moderator des viertägigen Treffens, Federico Lombardi, vor Journalisten mit. Dieses "Motu Proprio" solle die Vorbeugung und den Kampf gegen Missbrauch vonseiten der römischen Kurie und des Vatikanstaats stärken. Begleitet werde dieses von einem neuen Gesetz für den Staat der Vatikanstadt sowie Richtlinien für das Vikariat des Vatikan. (KNA, 24.2.19)

Abschluss des Anti-Missbrauchsgipfels im Vatikan / © Stefano Dal Pozzolo (KNA)
Abschluss des Anti-Missbrauchsgipfels im Vatikan / © Stefano Dal Pozzolo ( KNA )

                                                                           

Quelle:
KNA