Jüdisches Lichterfest Chanukka nach dem Anschlag von Halle

Mit Licht, Liebe und guten Taten gegen die Dunkelheit

Das jüdische Lichterfest Chanukka ist in Deutschland auch bei vielen Nichtjuden bekannt - nicht zuletzt wegen seiner zeitlichen Nähe zu Weihnachten. Kann das Fest nach dem Anschlag von Halle für mehr Helligkeit sorgen?

Autor/in:
Leticia Witte
Ein Chanukka-Leuchter steht vor dem Rathaus in Erfurt / © Martin Schutt (dpa)
Ein Chanukka-Leuchter steht vor dem Rathaus in Erfurt / © Martin Schutt ( dpa )

Es ist der höchste jüdische Feiertag, und doch war vielen Menschen in diesem Jahr an Jom Kippur düster zumute: Ein bewaffneter Mann versuchte am 9. Oktober, in die Synagoge in Halle einzudringen. Eine mittlerweile berühmt gewordene Holztür des Gotteshauses stoppte den Täter, der dann zwei Menschen auf der Straße und in einem Dönerimbiss tötete.

Ende Dezember steht nun ein weiteres Fest an: Chanukka, das jüdische Lichterfest, das am Sonntagabend beginnt und bis zum 30. Dezember andauert. In den Familien werden nach und nach über einen Zeitraum von acht Tagen Kerzen an einem Leuchter entzündet. Was kann dieses Ins-Licht-Bringen nach der Dunkelheit von Jom Kippur in Halle und darüber hinaus für Juden bedeuten?

Aus der Geschichte lernen

Gegen die Dunkelheit anzukämpfen, sei zwar schwierig, sagt der Rabbiner der Saalestadt, Elischa Portnoy. "Je mehr Licht, Liebe und gute Taten wir geben, desto mehr tun wir gegen die Dunkelheit." Zumal die Menschen auch aus der Geschichte lernen könnten - diese Erkenntnis sei eine gute Antwort auf den Anschlag.

Chanukka ist ein fröhliches Fest, bei dem Familien und Freunde zusammenkommen, Kerzen anzünden, beten, essen und feiern. Es gibt Partys und Bälle. Kinder erhalten Kreisel als Spielzeug. Und im Übrigen spielt nicht nur das Licht bei Chanukka eine große Rolle, sondern auch ein Sieg.

Im Herzen Berlins

Denn das Fest erinnert an die Wiedereinweihung des zweiten jüdischen Tempels im Jahr 164 vor Christus in Jerusalem, nachdem dieser von syrisch-hellenistischen Eroberern durch "Götzendienst" sowie griechische Götterstatuen und Symbole entweiht worden war. Chanukka weist so auch auf den Sieg des jüdischen Volkes über die griechischen Besatzer hin.

Auch in diesem Jahr wird wieder vor dem Brandenburger Tor im Herzen Berlins ein großer Chanukka-Leuchter stehen - mit seiner Höhe von etwa zehn Metern gilt der achtarmige Leuchter als der größte Europas. Zum Lichtentzünden am 22. Dezember werden nach Angaben des Jüdischen Bildungszentrums Chabad Lubawitsch der Regierende Bürgermeister von Berlin, Michael Müller (SPD), sowie der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, teilnehmen. Im vergangenen Jahr war Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier dabei.

Hohe Sicherheitsvorkehrungen

Am Brandenburger Tor ist ein Bühnenprogramm geplant. Darüber hinaus werden Sufganiot angeboten, ein Gebäck, das an Berliner erinnert. "Da Chanukka ein sehr positives Fest ist, wird der Anschlag von Halle kein hauptsächlicher Bestandteil sein, aber er ist leider so aktuell, dass gewiss Bezug darauf genommen wird", sagt Chava Evgenia Pipenko von Chabad Lubawitsch. Ob es in diesem Jahr besonders hohe Sicherheitsvorkehrungen am Brandenburger Tor geben wird? "Wir haben immer ein sehr hohes Security-Niveau bei unserer Veranstaltung."

Der Hallenser Rabbiner Portnoy rät den Gemeindemitgliedern anlässlich Chanukka dazu, die Gemeinschaft zu stärken und jüdisches Leben aufrechtzuerhalten. Dem Rabbiner ist es darüber hinaus ein Anliegen, für ein besseres Miteinander von Juden und Nichtjuden in der Stadt zu werben. Angesichts der bevorstehenden Feiern fragten sich gleichwohl nicht wenige Juden, ob sie ohne Angst in die Synagoge gehen könnten. Manche Menschen müssten die Ereignisse von Jom Kippur noch verarbeiten, betont Portnoy. Sie schliefen schlecht oder machten sich Sorgen.

"Ich muss Menschen begeistern"

Aber sich zurückzuhalten in der Religionsausübung, sei nicht "die beste Antwort" auf den Anschlag. "Ich muss Menschen begeistern, das ist meine Aufgabe. Ich versuche, sie zu stärken, das ist nicht so einfach", betont der Rabbiner. Er suche das Gespräch und bete mit den Menschen, falls gewünscht.

Chanukka wolle die Hallenser Gemeinde "wie immer" feiern, sagt der Rabbiner. Man bete in der Synagoge und feiere in einem Saal. "Es gibt keine großen Änderungen" - aber spezielle Sicherheitsvorkehrungen. Er hofft, dass die Gemeindemitglieder in Chanukka-Stimmung kommen. "Der Schatten des Anschlags wird aber ein bisschen auf uns liegen."

 

Quelle:
KNA