DOMRADIO.DE: Über acht Tage hinweg wird je eine Kerze mehr an einem Leuchter angezündet, bis schließlich alle brennen. Das soll an die Wiedereinweihung des Serubbabelischen Tempels in Jerusalem erinnern. Hierbei soll der Überlieferung zufolge das ewige Licht acht Tage lang gebrannt haben, obwohl nur Öl für einen Tag vorhanden war.
Am Dienstagabend wurde im Landtag in Düsseldorf die dritte Kerze angezündet. Herr Rubinstein, Sie haben diese Feier koordiniert. Im vergangenen Jahr sind nach einer antisemitischen Gefahrenlage mehrere öffentliche Chanukkafeiern abgesagt worden. Wie war das gestern? Schwang ein mulmiges Gefühl mit?
Michael Rubinstein (Geschäftsführer des Landesverbandes der jüdischen Gemeinden von Nordrhein): Nein, eigentlich nicht. Erst einmal ist man im Landtag relativ gut gesichert. Ich habe merkt, dass jedes Jahr die Sicherheitsvorkehrungen stärker sind. Insgesamt hat sich die Sicherheitslage aber nicht zum Positiven verändert. Aber gestern war das wirklich eine Feier unter Freunden und Freundinnen. Das kann man gar nicht anders sagen.
DOMRADIO.DE: Mit dabei war auch die Grundschule der Jüdischen Gemeinde in Düsseldorf. Dort ist der jüdische Religionsunterricht selbstverständlich. Vermissen Sie den an staatlichen Schulen?
Rubinstein: Es ist auch eine Frage von Angebot und Nachfrage. Es gibt jüdischen Religionsunterricht, der von Gemeinden teilweise in Schulen aber hauptsächlich in ihren eigenen Räumlichkeiten angeboten wird. Natürlich würde es mich freuen, wenn es in staatlichen Schulen auch geregelten jüdischen Religionsunterricht geben würde.
DOMRADIO.DE: Geht es Ihnen eigentlich anders als den vielen Christen im Advent? Oder haben Sie auch Mühe, sich Zeit für Chanukka zu nehmen?
Rubinstein: Ja. Privat ist es in der Tat ein bisschen schwierig. Das liegt aber auch daran, dass ich ein jüdischer Funktionär bin und eigentlich jeden Abend das Glück habe oder die Freude habe, bei einer Chanukkafeier eingeladen zu sein. Aber das Private bleibt dabei schon ein Stück weit auf der Strecke.
DOMRADIO.DE: Wir bereiten uns mit dem Advent auf die Weihnachtszeit vor. Was ist Weihnachten für Sie? Feiern Sie da auch so ein bisschen mit?
Rubinstein: Ich feiere die Atmosphäre mit. Ich bin gerne auch mal auf einem schönen Weihnachtsmarkt. Ich feiere Weihnachten jetzt nicht als religiöses Fest. Aber das ist auch sozusagen Teil meiner DNA. Ich bin hier geboren und groß geworden. Von daher genieße ich diese Zeit und versuche auch, etwas Besinnlichkeit in mein Leben zu bekommen.
Das Interview führte Tobias Fricke.