DOMRADIO.DE: In den nächsten fünf Jahren wird es ja gar keinen Studiengang für rein katholische Theologie geben. Was machen Sie denn dann erst mal mit den Studenten?
Prof. Dr. Tobias Müller (Professor für kath. Theologie an der Uni Rostock): Es wird zunächst einmal darum gehen, tatsächlich zu zeigen, dass eine philosophisch-theologische Perspektive mit einem katholischen Hintergrund auch in der gesamten wissenschaftlichen Diskussion immer noch eine wertvolle Ergänzung darstellt.
Und so wird meine Professur sich auch zunächst mal mit Grundlagenfragen auseinandersetzen und mit den Herausforderungen der säkularisierten Moderne für eine katholische Perspektive.
DOMRADIO.DE: Sie kümmern sich ja um den "homo areligiosus". Was genau verstehen Sie darunter?
Müller: Das ist gewissermaßen eine neue Kategorie, die im Grunde genommen erst durch die Erforschung dieses Säkularisierungsprozesses zutage getreten ist. Man hat lange Zeit geglaubt, dass der Mensch von Natur aus religiös sei und dass man sich da eben auch verweigern kann. Dann war man eben Atheist.
Und diese Kategorie des religiös indifferenten Menschen kam jetzt auf, indem man gesehen hat, dass viele Menschen in Ostdeutschland sich gar nicht als Atheisten bezeichnen würden, sondern einfach sagen würden, sie haben überhaupt gar keinen Bezug zu religiösen Fragen in einem weiteren Kontext. Das war auch ein neues Phänomen für die Religionssoziologie, weil man am Anfang ein bisschen verwundert war, dass in den ostdeutschen Gebieten die Menschen sich nicht wieder zu den Religionen bekannt haben.
DOMRADIO.DE: In Ostdeutschland spielt Religion gerade in der Region um Rostock ja auch nicht so eine große Rolle. Wie wollen Sie da trotzdem das Interesse bei den Menschen wecken?
Müller: Ich bin davon überzeugt, dass zumindest die religiösen Fragestellungen, also die Grundlagen einer religiösen Überzeugung, in jedem Menschen irgendwie auch angelegt sind – oder die Beschäftigung damit. Und ich habe mir das Ziel gesteckt, mit der Professur einfach auch Veranstaltungen anzubieten, um Interessierte so ein bisschen auch für religiöse Fragen in dem Kontext zu sensibilisieren.
DOMRADIO.DE: Auf der Homepage der Uni hatte die Theologische Fakultät zu einem Symposium über Tierbestattungen eingeladen, mit dem Titel "Ciao Bello". Das lässt auf einen gewissen Humor schließen. Geht es in der Diaspora ein bisschen lockerer zu, um tatsächlich mehr Menschen anzusprechen? Ist das Ihr Eindruck?
Müller: Ich würde generell dafür plädieren, dass man auch in religiösen Fragen mit einer gewissen Lockerheit und auch mit einem gewissen Humor zu Werke tritt. Einfach um die Menschen in ihrer jeweiligen Lebenswelt und Erfahrungswelt dann einfach besser zu erreichen. Und das ist mit Sicherheit dann auch ein Mittel.
DOMRADIO.DE: Am Montag geht es für Sie los. Worauf freuen Sie sich am meisten in Rostock oder an der Uni?
Müller: Auf die vielen interdisziplinären Gespräche und Kooperationen. Das ist durch die institutionelle Struktur so ein bisschen vorgegeben. Ich bin da angegliedert an das Institut für Philosophie. Es gibt aber auch eine starke – oder es ist geplant – eine enge Kooperation mit der protestantischen Theologie. Und das ist für so eine solitäre Professur dann auch wichtig, dass man sich da in so einem interdisziplinären Kontext verankert. Und darauf freue ich mich schon sehr.
Das Interview führte Julia Reck.