Nach der Rücktrittsankündigung des sächsischen Landesbischofs Carsten Rentzing sind neue Vorwürfe gegen den evangelischen Theologen öffentlich geworden. Rentzing habe vor längerer Zeit in einer rechtsnationalistischen Redaktionsgruppe für die Zeitschrift "Fragmente" mitgearbeitet, sagte der Leipziger Pfarrer Frank Martin dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Samstag.
Die Zeitschrift habe von 1989 bis 1992 bestanden und sich an ein sogenanntes "rechtsintellektuelles Publikum" gerichtet. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, zeigte sich nach Bekanntwerden der Vorwürfe schockiert.
"Ich hoffe auf eine schnelle Klärung innerhalb der Landeskirche, zu der Carsten Rentzing sicher selbst beitragen wird", erklärte Bedford-Strohm am späten Samstagabend: "Als evangelische Kirche müssen wir uns eindeutig und laut vernehmbar gegen rechtsextremistische Einstellungen positionieren." Zugleich betonte er: "Konservativ denkende Menschen und ihre Traditionen haben in unserer Kirche selbstverständlich ein Zuhause. Was uns einen muss: Gemeinsam streiten wir gegen Antisemitismus, Rassismus, völkisches Denken und Ausländerfeindlichkeit."
Der EKD-Ratsvorsitzende hatte zunächst am Freitagabend erklärt, die Rücktrittsankündigung habe "Betroffenheit und großes Bedauern" bei ihm ausgelöst.
Kirchensprecher: Texte werden geprüft
Rentzing habe mehrere Texte für das Magazin "Fragmente" verfasst, sagte der Leipziger Pfarrer Martin, der einer der Initiatoren einer Petition gegen den Bischof ist. Kirchensprecher Matthias Oelke sagte dem epd am Sonntag in Dresden, inzwischen seien einige der Inhalte bekannt, die Kritik an den Texten nachvollziehbar machten. Die Texte würden derzeit weiter geprüft. Der Bischof, der sich derzeit im Urlaub befindet, hat sich bisher dazu nicht offiziell erklärt.
Die sächsische evangelische Kirche erklärte am Wochenende auf ihrer Internetseite: "Die letzten 24 Stunden waren für unsere Landeskirche aufwühlend." Die Rücktrittsankündigung hat auch im Internet unter dem Hashtag #rentzing eine Debatte ausgelöst.
"Großer Respekt" für Rücktritt
Rentzing hatte am Freitagabend überraschend mitgeteilt, er wolle sein Amt nach vier Jahren an der Spitze der Landeskirche "zum nächstmöglichen Zeitpunkt" niederlegen, "um Schaden von meiner Kirche abzuwenden". Positionen, die er vor 30 Jahren vertreten habe, teile er heute nicht mehr. Der Leitende Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD), Ralf Meister, erklärte, er nehme die Entscheidung mit "großem Respekt" zur Kenntnis. Rentzing ist bislang sein Stellvertreter.
Auch der Berliner Bischof Markus Dröge äußerte "großen Respekt" vor Rentzings Entscheidung, sein Amt niederzulegen, "weil ihm offenbar deutlich geworden ist, dass die unterschiedlichen theologischen und politischen Positionen in seiner Landeskirche durch seine Person nicht zu einen" seien.
Der Rücktrittsankündigung war anhaltende Kritik an Rentzing vorausgegangen. Der als sehr konservativ geltende 52-jährige Theologe lehnt unter anderem die Segnung homosexueller Paare ab. Zuletzt war bekanntgeworden, dass er Mitglied einer schlagenden Studentenverbindung im Coburger Convent ist, in der es eine Verpflichtung zu Fechtduellen gibt. In der Kritik steht er auch, weil er 2013 einen Vortrag in der Berliner "Bibliothek des Konservatismus" gehalten hat, die dem Umfeld der Neuen Rechten zugeordnet wird.