Zwar sei inzwischen viel in die Wege geleitet worden. "Doch man muss leider sagen, dass nicht alle Vatikanmitarbeiter und auch nicht alle Bischofskonferenzen oder Bischöfe mit der Schnelligkeit, Klarheit und Intensität reagieren, wie es nötig wäre", sagte Zollner dem Internetportal katholisch.de. Teilweise fehle es an der Entschlossenheit in Rom, teilweise setzten Bischofskonferenzen die Anweisungen der Glaubenskongregation von 2011 bis heute nicht um.
Thema aktiv angehen
"Sich damit auseinanderzusetzen und sich dem zu stellen erfordert viel Mut. Und ich glaube, dass das vielen Klerikern aber auch Nicht-Klerikern sehr schwer fällt", so Zollner weiter. Das Problem des Missbrauchs dringe erst allmählich ins Bewusstsein der ganzen Weltkirche vor. "Die Frage bleibt, ob sich die Verantwortlichen in der Kirche dem Thema aktiv und aus eigener Motivation stellen oder erst dann, wenn Skandale öffentlich werden."
Der deutsche Jesuit und Psychologe Zollner leitet das Kinderschutzzentrum an der päpstlichen Universität Gregoriana in Rom.
Der im März 2014 von Papst Franziskus ins Leben gerufenen "Päpstlichen Kommission für den Schutz von Minderjährigen" gehörte er seit Beginn an. Die Kommission fungiert als Beratungsgremium des Papstes. Sie soll ihm vor allem Vorschläge zur besseren Prävention gegen sexuellen Missbrauch im kirchlichen Raum unterbreiten.
Betroffen über Rücktritt von Missbrauchsopfer Collins aus Kommission
Über den Rücktritt des irischen Missbrauchsopfers Marie Collins aus der Kinderschutzkommission äußerte sich Zollner betroffen. Der Schock und die Enttäuschung darüber seien groß, sagte er. "In nicht einmal drei Jahren haben wir einiges bewegt, das jetzt leider durch Maries bedauernswerten Rücktritt nicht gewürdigt wird." Als Beispiele nannte Zollner etwa die Schulung von neuen Bischöfen und von Vatikanpersonal.
Collins hatte ihren Rücktritt damit erklärt, an der Kurie gebe es weiter hartnäckigen Widerstand gegen eine umfassende Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch in der Kirche. Allerdings, so Zollner in dem Interview, wolle die Irin weiter mit der Kommission und dem von ihm geleiteten Kinderschutzzentrum zusammenarbeiten.