Mitgliederschwund im Kölner Zentral-Dombau-Verein

Reaktion auf die Kirchenkrise?

Im Jahr 2022 jährte sich die Chorweihe im Kölner Dom zum 700. Mal. Eigentlich ein Grund zum Feiern. Jedoch beklagt Michael Kreuzberg vom Zentral-Dombau-Verein einen Mitgliederschwund, der auch mit der Kirchenkrise zusammenhängt.

 Neues Material für den Kölner Dom
 / © Harald Oppitz (KNA)
Neues Material für den Kölner Dom / © Harald Oppitz ( KNA )

DOMRADIO.DE: Der Kölner Dom hatte dieses Jahr ein besonderes Jubiläum zu feiern. Die Chorweihe jährte sich nämlich zum 700. Mal. Wie blickt der Zentral-Dombau-Verein auf das vergangene Jahr zurück?

Michael Kreuzberg, Präsident des Zentral-Dombau-Verein zu Köln / © Sonja Geus (DR)
Michael Kreuzberg, Präsident des Zentral-Dombau-Verein zu Köln / © Sonja Geus ( DR )

Michael Kreuzberg (Präsident des Zentral-Dombau-Vereins zu Köln): Der Zentral-Dombau-Verein ist ja für die Hardware, wie ich immer sage, also für die Steine und das Glas verantwortlich. Wir haben unseren Dienst mit den Mitgliedsbeiträgen und mit den Spenden getan, die lediglich für den Erhalt des Domes gesammelt werden. Da sind wir zufrieden.

Aber wir verzeichnen einen leichten Mitgliederschwund, durch die Situation in den Kirchen. Manche bringen uns in die Nähe zu tagespolitischen Themen der Kirche, womit wir gar nichts zu tun haben.

Wir sind unabhängig, überparteilich und überkonfessionell, wurden 1842 sozusagen preußisch gegründet. Darum legen wir auch viel Wert darauf, dass es uns nur darum geht, den Dom zu erhalten.

DOMRADIO.DE: In den letzten Jahren gab es immer einen Zuwachs an Mitgliedern des Zentral-Dombau-Vereins. Ist das jetzt ein Kipppunkt?

Kreuzberg: Ich hoffe nicht, dass das ein Kipppunkt ist. Ich glaube, dass es eine jahresaktuelle Reaktion auf das ist, was in den Kirchen zurzeit los ist. Stichwort Missbrauchsskandale, Behandlung von Homosexuellen etc. Aber, wie gesagt, damit haben wir nichts zu tun.

Außerdem spielt Corona eine Rolle. Einige haben die Situation genutzt, mal den Schreibtisch sauber zu machen und das ein oder andere zu bereinigen. Manche haben die Beiträge für den Verein erhöht, was natürlich wunderbar für den Dom ist, andere haben gekündigt.

Und jetzt kommt noch die Energiekrise dazu. Das ist keine leichte Zeit für Spenden und Mitgliedschaften. Obwohl die kleinste Mitgliedschaft, die jeder haben kann, für 20 Euro im Jahr angeboten wird. Das ist eigentlich nicht so viel, aber auch 20 Euro können wehtun, das verstehe ich. Wir hoffen, dass es bald wieder besser wird.

DOMRADIO.DE: Sie sagen, dass auch die Gesamtsituation der Kirche und die Kirchenkrise dazu beiträgt, dass es bei Ihnen zu einem Mitgliederschwund gekommen ist. Was meinen Sie genau damit?

Kreuzberg: Wir erhalten Zuschriften, die sich damit beschäftigen, was in den Kirchen los ist. Viele erzählen von ihren Zweifeln. Wir haben Mitglieder jedweder Art, wie gesagt, wir sind überparteilich, überkonfessionell und unabhängig.

Da gibt es Mitglieder, die sich wegen ihrer Lebensentwürfe durch Aussagen der Kirche getroffen fühlen. Es gibt auch Mitglieder, die die Missbrauchsskandale mit dem Verein in Verbindung bringen. Das kann zum Teil in persönlichen Gesprächen ausgeräumt werden, aber es gibt auch Leute, die sagen "Solange das ein Thema ist, kann ich das Bauwerk, in dem die Messen stattfinden, so nicht unterstützen".

Das tut natürlich weh. Ich halte dieses Denken für sehr eindimensional. Da steht vielleicht auch persönliche Betroffenheit hinter, die ich akzeptiere, die aber mit dem Erhalt des Domes eigentlich nichts zu tun hat.

Michael Kreuzberg, Präsident des Zentral-Dombau-Vereins in Köln

"Es geht doch darum unseren schönen Dom, unsere Heimat, das was uns ausmacht hier - und das gilt für alle Menschen die hier wohnen, egal welche Hautfarbe sie haben, welcher Nationalität sie angehören, wo sie geboren wurden - zu erhalten"

DOMRADIO.DE: Missbrauchsskandal, Kirchenkrise. Aber da kann doch der Dom nichts für, oder?

Kreuzberg: Genau, das sage ich ja. So sehe ich das auch. Nach Statut sind wir eine reine Bürgergesellschaft. Ich sage immer, wir sind die größte Bürgerinitiative weltweit zur Erhaltung des Domes. Und da spricht die Kirche nicht mit. Weder die katholische, noch die evangelische oder welche Kirchen es sonst noch gibt.

Deswegen sollten sich die Menschen darauf fokussieren, dass wir dieses wunderschöne Bauwerk, diese Architektur erhalten wollen. Wir wollen zwar nicht, dass der Dom fertig wird, dann geht in Köln ja bekanntlicher Weise die Welt unter, aber wir wollen natürlich, dass dieses schöne Bauwerk erhalten bleibt und natürlich wollen wir auch, dass das Bauwerk keine Menschen gefährdet.

Wenn zum Beispiel Stürme kommen, muss wieder am Dom gearbeitet werden. Da gibt es dann immer wieder viele neue Baustellen und die finanzieren wir ja auch mit.

DOMRADIO.DE: Warum lohnt es sich, Mitglied des Zentral-Dombau-Vereins zu werden?

Kreuzberg: Es lohnt sich wegen des schönen Doms. Es geht doch darum, unseren schönen Dom, unsere Heimat, das was uns hier ausmacht - und das gilt für alle Menschen, die hier wohnen, egal welche Hautfarbe sie haben, welcher Nationalität sie angehören, wo sie geboren wurden - zu erhalten.

Es ist ein extraordinäres Bauwerk, was es weltweit so nicht mehr gibt. Das würde heute gar nicht mehr genehmigt werden bei der Bauordnung. Das zu unterstützen und zu erhalten, ist ein großes Ziel. Dafür werbe ich sehr, dass die 20 Euro im Jahr zum Erhalt und für diese Ziele ausgegeben werden können.

Das Interview führte Johannes Schröer.

Zentral-Dombau-Verein zu Köln von 1842

Seit Generationen tragen die Mitarbeiter des Zentral-Dombau-Vereins dafür Sorge, dass Geld für den Kölner Dom eingesammelt und im Sinne des Vereinsziels verwendet wird. Mehr als 60 Prozent der jährlichen Baukosten zur Erhaltung des Domes bringt der überkonfessionell und unabhängig organisierte ZDV jährlich auf. Das Geld der Mitglieder investiert der Verein dabei ausschließlich in die Renovierungs- und Erhaltungskosten des Kölner Wahrzeichens.

Ein alter, verwitterter Baldachin in der Werkstatt der Kölner Dombauhütte / © Harald Oppitz (KNA)
Ein alter, verwitterter Baldachin in der Werkstatt der Kölner Dombauhütte / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
DR