DOMRADIO.DE: Sie leben in Jerusalem, einer Region, die von Krieg und Konflikten gerade besonders geprägt ist. Welche Gebetsanliegen haben die Christinnen und Christen um Sie herum zu diesem besonderen Anlass an Weihnachten?
Pater Matthias (Dormitio-Abtei Jerusalem): Ganz oben auf der Liste steht natürlich Frieden. Wir beten alle darum, dass der Waffenstillstand, wie er mit der Hisbollah im Norden vereinbart ist, hält und Modell für einen Waffenstillstandsvertrag für den Gazastreifen gibt. Aktuell schauen wir bangend nach Syrien. Wir leben in einer sehr kriegerischen Region und wünschen uns alle nur Frieden. Das gilt für alle Menschen, egal welcher Nation und welcher Religionszugehörigkeit.
DOMRADIO.DE: Ihre Aktion heißt "Ich trage deinen Namen in der Heiligen Nacht nach Bethlehem". Die gibt es jedes Jahr aufs Neue. Was hat es mit den Rollen, auf denen lauter Namen stehen, auf sich?
Pater Matthias: Wir laden Menschen ein, uns zum Weihnachtsfest Namen von Menschen zu schreiben. Die setzen wir auf eine lange, lange Schriftrolle, im letzten Jahr waren es über 120.000 Namen. Mit dem Namen verbindet sich die ganze Person, das ganze Schicksal, in dem dieser Mensch steckt, alle Wünsche, die dieser Mensch hat, all die Herausforderungen, die dieser Mensch in seinem Leben schultern muss.
Es stehen auch Namen von Verstorbenen auf der Rolle. Diejenigen, die uns die Namen schreiben, bringen damit über den Tod hinaus die Verbindung zum Weihnachtsfest zum Ausdruck, die mit diesen Menschen weiter besteht. Der Name, der auch in Gottes Hand geschrieben steht, der Mensch, der von Gott geliebt und angenommen ist auf Erden und im Himmel, der ist da präsent.

DOMRADIO.DE: Wer kann seinen Namen nach Bethlehem senden und in der Heiligen Nacht vorbringen lassen?
Pater Matthias: Wir setzen jeden Namen, der uns per Email oder per Onlineformular oder auch per Post geschrieben wird, auf die Rolle. Es zählt nicht, ob jemand Christ ist oder nicht. Wir haben tatsächlich auch Nichtchristen, die an dieser Aktion teilnehmen, die uns schreiben und bitten, dass ihr Name draufsteht, weil es um das Weihnachtsgeheimnis geht, dass Gott den Menschen nahe kommt, dass es einen Gott gibt, dem wir Menschen ein Anliegen sind, der uns sieht, uns mit Namen kennt und der uns aufhelfen will, uns Lebensfreude und Kraft schenken will. Dieses Anliegen verstehen sehr viele und wirklich jeder ist eingeladen. Wir freuen uns über jeden Namen, der uns geschrieben wird.
DOMRADIO.DE: Was bedeutet es den Christinnen und Christen, mit ihrem Namen auf dem Weg dabei zu sein?
Pater Matthias: Wir Christen verbinden mit dem Weihnachtsfest ein ganz besonderes Geheimnis: die Menschwerdung Gottes in Jesus Christus von Nazareth. Wir haben dieses Geheimnis vor Augen und wir wollen mit dabei sein. Viele haben nicht die Möglichkeit, nach Bethlehem zu pilgern, schon gar nicht an Weihnachten. Unsere Aktion ist eine Brücke in der Heiligen Nacht mittels des Namens auf der Rolle in der Geburtsgrotte vorbeizuschauen, dort zu verweilen und dieses Geheimnis zu preisen.
DOMRADIO.DE: Wer trägt die Schriftrollen? Und welche Menschen gehen mit Ihnen zusammen nach Bethlehem?
Pater Matthias: An der Aktion beteiligt sind mit uns Mönchen auch unsere Studierenden. Wir haben ein akademisches Studienprogramm in der Abtei. Es gibt auch Gäste, die zum Weihnachtsfest aus Deutschland nach Jerusalem reisen werden und mit uns dann nach Bethlehem gehen. Es kommen die Deutschsprachigen mit, die in Jerusalem und Umkreis leben, und mit uns Weihnachten feiern.

Es sind auch unsere drei Volontäre dabei, die bei uns in der Abtei leben. Einer davon, Fabian, ist seit Wochen beschäftigt, die Rolle zu kleben und die Namen zu tippen. Die Rolle ist ein paar Kilo schwer, wir wechseln zwischendurch. Jeder, der mag, trägt sie ein Stück.
Bevor wir losgehen, legen wir die Rolle in unserer Kirche und haben einen Gebetsmoment. Wir laden alle ein, auf die Rolle zu schauen, sich ein paar Namen zu merken und für die Menschen und deren Anliegen zu beten. Wir halten unterwegs für Gebetsmomente, sammeln uns in Stille, singen ein Weihnachtslied und gehen dann weiter.
Die Krönung ist natürlich der Einzug in die Basilika und das Hinuntersteigen in die Geburtsgrotte.
DOMRADIO.DE: Die Aktion ist mit einer Spende verbunden. Für was wird diese verwendet?
Pater Matthias: Uns wurden im letzten Jahr fast 200.000 Euro geschenkt. Diese Spenden verteilen wir an Einrichtungen, die sich in Bethlehem und Umkreis um Kinder und Jugendliche vor allem mit Behinderungen kümmern, also um Kinder, die Hilfe brauchen. Viele dieser Einrichtungen kommen während des Jahres zu uns nach Tabga, nach Galiläa, an den See Genezareth und verbringen in unserer Begegnungsstätte eine Ferienzeit.
Da haben wir auch ein großes Defizit, weil zahlende Gruppen in dieser Kriegszeit nicht kommen, sodass wir einen Teil dieser Spenden, die uns geschenkt werden, im Rahmen dieser Weihnachtsaktion auch für unsere Begegnungsstätte verwenden.
Das Interview führte Katharina Geiger.