Armin Laschet hat die Reißleine gezogen und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan eine Absage erteilt. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident werde an der Eröffnung der Ditib-Zentralmoschee in Köln Ende September nicht teilnehmen, ließ dessen Regierungssprecher verlauten.
Zuvor hatte sich Erdogan in Istanbul damit gebrüstet, die neue Großmoschee des deutsch-türkischen Moscheeverbandes Ditib am Samstag gemeinsam mit dem NRW-Regierungschef zu eröffnen. Der CDU-Politiker dementierte prompt und gab dem türkischen Staatschef einen Korb: "Dafür steht der Ministerpräsident nicht zur Verfügung." Eine Ditib-Moschee sei "nicht der geeignete Ort" für einen von ihm angestrebten "offenen Austausch und kritischen Dialog".
Hinweise vom Verfassungsschutz
Zuvor hatte Laschet offenbar von einem als vertraulich eingestuften Dossier des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) an die Bundesländer mit Informationen über die Ditib erfahren. Darin geht es auch um eine mögliche Beobachtung des umstrittenen Moscheeverbandes wegen verfassungsfeindlicher Aktivitäten.
Die Ditib koordiniert mit ihrer Zentrale in Köln bundesweit etwa 900 Moscheen und untersteht der Aufsicht der türkischen Religionsbehörde Diyanet in der türkischen Hauptstadt Ankara. Im Zusammenhang mit der türkischen Militäroperation in Nordsyrien hat der Verfassungsschutz offenkundig festgestellt, dass einzelne Moscheegemeinden der Ditib verfassungsfeindliche nationalistisch-religiöse Aktivitäten entwickelten und entsprechende Äußerungen tätigten.
Die NRW-Landesregierung liegt bereits seit 2016 mit der Ditib über Kreuz. Damals hatte im bevölkerungsreichsten Bundesland mit 1,5 Millionen Muslimen bereits die rot-grüne Koalition sämtliche Kontakte zu dem Moscheeverband eingefroren. Ditib-Imame waren seinerzeit beschuldigt worden, im Auftrag der Diyanet türkische Regimegegner in Moscheen in NRW bespitzelt und Informationen etwa über die von Erdogan bekämpfte Gülen-Bewegung an die türkischen Konsulate geliefert zu haben.
Kooperation mit Ditib beendet
Daraufhin wurde im NRW-Justizministerium für alle in der Gefängnisseelsorge tätigen Imame eine Sicherheitsüberprüfung durch den Verfassungsschutz angeordnet. Das NRW-Innenministerium beendete seine Kooperation mit der Ditib bei der Salafismus-Prävention wegen eines Kinder-Comics, mit dem der Verband den Märtyrertod verherrlicht. Die neue schwarz-gelbe Landesregierung unter Laschet hat diesen kompromisslosen Kurs gegenüber der Ditib unverändert fortgesetzt. Zuletzt hatte sich der Landtag damit befasst, dass Kinder in einigen Ditib-Gemeinden in Ostwestfalen in Uniformen und mit türkischen Fahnen Kriegsszenen nachspielen sollten.
Wie die Düsseldorfer Staatskanzlei auf Anfrage mitteilte, hat die NRW-Landesregierung seit 2016 keine Projekte der Ditib mehr gefördert. Die Zusammenarbeit mit dem Moscheeverband im Bereich der Integration ruhe derzeit. Auch im Rahmen der Salafismus-Prävention finde weiterhin keine Kooperation statt. In den Haftanstalten seien kaum noch Ditib-Imame tätig, da sie eine "erweiterte Sicherheitsüberprüfung" verweigerten.
NRW-Integrations-Staatssekretärin Serap Güler (CDU) appellierte dieser Tage an die Muslime, ihre Interessenvertretung künftig in Konkurrenz zu der in den Verdacht der Verfassungsfeindlichkeit geratenen Ditib zu organisieren. "Es wäre ein tolles Zeichen, wenn sich die liberalen Muslime in unserem Land organisieren."
Kölns Oberbürgermeisterin sagt ebenfalls ab
An der Eröffnungsfeier der Kölner Zentralmoschee mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan nimmt auch Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) am Samstag nicht teil. "Noch drei Tage vor der Eröffnung ist der Ablauf und unter anderem die Rolle der Stadt Köln völlig ungeklärt", erklärte Reker.
Die Oberbürgermeisterin hatte ihre grundsätzliche Bereitschaft bekundet, an der Eröffnung teilzunehmen. Allerdings bestand sie darauf, eine Rede halten zu können. Angesichts des ungeklärten Programms warf sie der Ditib als Träger der Moschee vor, ihrer Verantwortung nicht gerecht zu werden. "Über den Umgang mit Vertretern der Stadtgesellschaft rund um die nun stattfindende Eröffnung der Moschee bin ich enttäuscht", so Reker. "Dabei geht es mir nicht um mich, sondern um den Respekt vor dem höchsten Amt, das die Kölnerinnen und Kölner zu vergeben haben."
Zugleich betonte die Politikerin, dass sie auch "Oberbürgermeisterin der Kölner muslimischen Glaubens" sei. Sie habe "der Ditib immer wieder die Türen geöffnet - zuletzt mit dem Tag der Religionen im Historischen Rathaus".