KNA: Pfarrer Schießler, wie schwer ist es, sich selbst zu spielen?
Rainer Maria Schießler (Pfarrer von Sankt Maximilian und Heilig Geist in München): Gar nicht. Der Bogner Franz hat mir diese Rolle auf den Leib geschrieben, indem er sie von mir selber abgeschaut hat. Beim Dreh von "München 7" habe ich nämlich das Aussehen des Pfarrers kritisiert: "Sagt's mal, habt's Ihr keine gescheite Requisite. Schaut Euch doch diese Comic-Figur an." - "Dann spiel ihn halt gleich selber", war die Antwort. Und so war ich der Pfarrer von Heilig Geist im wahren Leben und im Film. Nach dem Dreh fragte Bogner, ob ich für Folgeaufträge zu haben sei. Und ich: "Natürlich, sofort."
KNA: Das Theaterspielen wurde schon bei den Jesuiten gepflegt. Gibt es bei Ihnen eine Vorprägung?
Schießler: Wenn es heute heißt, die Gottesdienste sind langweilig, dann, weil keine Bühne erlebbar ist. Priester sein und vorne am Altar stehen, ist natürlich eine Rolle. Du spielst ja Christus, sehr ernst, aber auch fröhlich. Wenn wir dieses spielerische Element in uns aufgeben, dann haben wir keine Liturgie mehr.
Meine erste große Rolle als Bub hatte ich als Josef im Weihnachtsspiel beim Katholischen Frauenbund, wo meine Mutter Mitglied war. Es kostete mich große Überwindung, die Maria zu umarmen. Da habe ich aber noch nicht den Zölibat gespürt! In der Pfarrjugend ging es weiter und als Kaplan in Giesing spielte ich den alten Senftl im "Brandner Kasper". Das ist eine Rolle mit vier Sätzen, aber dafür brauchte ich vier Weißbier, weil das Gewand so furchtbar war. Aber es hat Freude gemacht.
KNA: Mussten Sie beim Ordinariat fragen, ob Sie mitspielen dürfen bei der Serie?
Schießler: Ich wüsste nicht, warum ich fragen sollte, was ich in meiner Freizeit mache. Nach über 30 Jahren als Priester und 25 Jahren als selbstständiger Pfarrer kann jeder darauf vertrauen, dass ich alles tue, um Kirche positiv zu verkaufen. Und Bogner ist ja auch ein Gütesiegel.
KNA: In der ersten Folge treten Sie mit dem Kabarettisten Christian Springer auf. Sie kennen sich auch privat. Wie war die Zusammenarbeit?
Schießler: Perfekt. In der ersten Folge treffen wir auf dem Viktualienmarkt zusammen. Ich komme von einem Pfarrerlehrgang aus Südtirol und möchte nur eine Halbe Bier trinken, Springer will sich in dem Lokal mit einem Regisseur treffen. Als wir hinein gehen, liegt das Schild "Moni's Grill" auf dem Boden. So wird erklärt, warum die Serie nun "München Grill" heißt. Im Lokal wird renoviert, und wir lernen die neue Wirtin, dargestellt von Christine Eixenberger, kennen.
KNA: Und dann?
Schießler: Dann heißt es, der offene Türstock muss raus, damit wieder der Türbogen zur Geltung kommt. Der Christian gibt an und sagt, ich mache das. Er tut dann so als ob ihm der Vorschlaghammer zu schwer wäre zum Heben. "Gib das Ding mal her", sag' ich als Pfarrer und haue den Türstock raus. Für diese Szene hatte ich nur eine Chance. Da war ich wirklich nervös und schwitzte. Aber es hat wirklich aufs erste Mal geklappt.
KNA: Wie steht es real um ihre handwerklichen Fähigkeiten?
Schießler: Gut. Ich habe über Jahre meine Hausmeisterei in der Pfarrei selber gemacht, Heizungen gerichtet, ja sogar einmal ein ganzes Seitenschiff allein ausgeweißelt, um zu zeigen, wie schön eine Sanierung wäre. Auch unsere zwölf Meter hohen Christbäume mit 2.700 Lichter zu schmücken, war immer mein Job.
KNA: In der ersten Staffel ging es auch um das Thema "Firmung". Welche Chancen sehen Sie in einer TV-Serie, Kirche positiv ins Gespräch zu bringen?
Schießler: Ich habe Bogner mal in Heilig Geist die dort an einer Wand dargestellten sieben Werke des Geistes erläutert und ihm erzählt, wie ich Firmunterricht mache. Ich will es mit mündigen jungen Menschen zu tun haben, für die nicht die Mama anruft, wenn sie nicht zum Unterricht kommen können. Da kriege ich sonst so einen Hals.
KNA: Und wie machen Sie es?
Schießler: Ich behandle alle wie Erwachsene. Wer nicht mithalten kann, muss draußen bleiben. Bogner habe ich auch geschildert, dass ich eine Israel-Fahrt mache. Da kann nicht jeder mit, aber ich muss spüren, der will, hat Interesse. Man muss halt auch etwas tun, um das Geld zusammenzubringen. Und dann finde ich alles im Drehbuch für die Serie wieder. Nach der Ausstrahlung habe ich Zuschriften von Pfarrern gekriegt, die mein Firmkonzept haben wollten.
KNA: Passiert in der neuen Staffel etwas ähnliches?
Schießler: Es gibt eine intime Gesprächsszene in der Sakristei zwischen mir und der Tochter der Köchin, Consuela, dargestellt von Hannah Schiller. Eine Schulfreundin von ihr ist lesbisch und sucht ihre körperliche Nähe. Das ist ihr unangenehm und sie weiß nicht damit umzugehen. Da komme ich nicht mit einer betonierten Sexualmoral. Mir ist wichtig zu vermitteln, dass sie nicht ihre Freundin verurteilen soll. Richtige Freundschaft macht aus, dass man den anderen anders sein lässt und trotzdem zu verstehen gibt, dass man selber anders tickt. Vom Regisseur kriege ich da keine Zeitvorgabe. Im Drehbuch steht kein Text, sondern nur: "Ab hier Schießler." Ich bin völlig frei darin, was ich sage. Da kommt das Pastorale raus, so wie es Elmar Gruber betont hat: Gott zwingt nicht, sondern er begeistert.
Das Interview führte Barbara Just.