Ein Museum, zwei Standorte, drei Dauerausstellungen auf 2.500 Quadratmetern und eine unermessliche Fülle an Exponaten aus 2.000 Jahren christlicher Geschichte: Für den obersten Hüter der christlichen Stätten im Heiligen Land, Franziskanerkustos Pierbattista Pizzaballa, stehen nicht diese technischen Eckdaten des "weltweit einzigen Museums für die Wurzeln des Christentums und den Erhalt der Heiligen Stätten" im Vordergrund. Das Terra Sancta Museum soll "lebendiges Kulturzentrum" sein, Referenzpunkt für alle, "die die Identität der Stadt genauer kennenlernen wollen" und Ausgangspunkt eines Netzwerks. Auf dem Gelände der Geißelungskapelle an der Jerusalemer Via Dolorosa wurde in dieser Woche der Grundstein für das Großprojekt gelegt.
Im Juni 1928 sei an dieser Stelle schon einmal eine Metallschatulle mit einer Inschrift und einigen Münzen unter dem Grundstein eines archäologischen Museums versenkt worden, erinnerte der Kurator des bisherigen Museums, des Studium Biblicum Franciscanum, Eugenio Alliata, anlässlich der Grundsteinsegnung. Schon der Ort am Beginn der Via Dolorosa ist archäologisch wichtig für die Geschichte der Stadt und seit dem Mittelalter fester Bestandteil für viele Besucher: "Jährlich mehr als eine Million Pilger kommen über die Via Dolorosa, wir wollen zu dieser spirituellen Erfahrung beitragen, und zwar neben der Archäologie mit sehr moderner Technik", so der Franziskaner mit Verweis auf die geplante Multimediaausstellung.
Bindung der Christen an Jerusalem deutlich machen
2015 schauen Jerusalem, das Heilige Land und der gesamte Nahe Osten mit Sorge auf den Umgang mit der kulturellen Vielfalt und den heiligen Stätten. Gerade deshalb, glaubt Kustos Pizzaballa, braucht es Orte wie das Terra Sancta Museum. "In Tabgha und an vielen anderen Plätzen, aber auch in Syrien unter der Terrorgruppe Islamischer Staat sehen wir: Es gibt einen großen Zerstörungswillen gegenüber der Geschichte und dem Erbe der verschiedenen Kulturen. Deshalb ist dieses Museum und Kulturzentrum, das die Geschichte dieses Landes zeigen wird, so wichtig - um bei allen Bewohnern des Landes das Bewusstsein für dieses Erbe zu schärfen, das ein gemeinsames Erbe aller ist."
Für Pizzaballa ist klar: Jerusalem wird den universellen Charakter verlieren, wenn nicht alle religiösen Elemente der Stadt öffentlich sichtbar bleiben. "Juden, Christen und Muslime teilen den Raum und manchmal dieselben Traditionen. Muslime und Juden beten öffentlich, auch den Christen muss dies möglich sein." Das Museum soll die Bindung der Christen an die Stadt "von den ersten Jahrhunderten bis in unsere Tage" erfahrbar machen, für Pilger wie für die lokale Bevölkerung.
Vom Konzept des Museums überzeugt ist auch Kuratorin Sarah Zabel. "Die Idee der gegenseitigen Kenntnis für gegenseitiges Verständnis ist unglaublich wichtig an diesem Ort und kann einen wesentlichen Beitrag leisten zur Kulturlandschaft hier", sagt die deutsche Kunsthistorikerin, die während des ersten Jahres an der Einrichtung des Museums mitarbeitet. Mit seinem Konzept, so Zabel, leiste es "nicht nur einen wichtigen Beitrag zur christlichen Geschichte, sondern zur Geschichte der Region".
"Jerusalem gehört allen"
Die europäische und internationale Unterstützung für das Museumsprojekt ist groß. Diplomatische Vertreter Italiens, Belgiens, Spaniens, Frankreichs, der USA, der Türkei und des Vatikan kamen zur Grundsteinlegung. "Gleichzeitig wissen wir, dass wir nicht die einzigen Christen hier sind und es viele weitere Traditionen gibt", so Pizzaballa. Seine Hoffnung ist, dass künftig auch die anderen Kirchen Jerusalems sich dem Projekt anschließen: "Wir brauchen mehr Zusammenarbeit, Jerusalem gehört nicht einer Gruppe allein, sondern uns allen!"
Aus dem Terra Sancta Museum solle ein Netzwerk von Zentren werden, christlicher und anderer Gemeinschaften, hofft der Franziskaner, "damit die Besucher diese Besonderheit Jerusalems atmen können". Der Grundstein ist gelegt, noch dieses Jahr sollen erste Teile der Ausstellung eröffnet werden.