DOMRADIO.DE: Licht spielt eine wichtige Rolle bei diesem Erlebnis...
Monsignore Robert Kleine (Kölner Dom- und Stadtdechant): Ja, genau. Von 20 Uhr bis 24 Uhr kann man die Kirchen in neuem Licht erleben. In dieser Zeit sind unsere Kirchen in Köln - evangelische wie katholische - ja normalerweise geschlossen. Heute Abend werden sie dann vor allem in Kerzenlicht getaucht. Es gibt generell wenig elektrisches Licht. Oder aber besondere Lichtinstallationen, die zum Verweilen und zum Stillwerden einladen.
DOMRADIO.DE: Die Aktion hat das Motto "Die Nacht, der Raum, die Stille". Da geht es nicht nur um einen einfachen Besuch einer Kirche bei Nacht. Da steckt mehr dahinter, oder?
Kleine: Wir laden seit vielen Jahren vor dem dritten Fastensonntag dazu ein, die Kirchenräume auf sich wirken zu lassen. In der Regel gibt es keine offiziellen Führungen in den Kirchen, außer "musikalische Führungen" zu jeder Stunde wie in Sankt Ursula.
Es gibt also Musik, aber wichtig ist auch die Stille. Man wird nicht beschallt. Es gibt auch kein durchgehendes Programm, sondern vor allem die Einladung, ruhig zu werden.
DOMRADIO.DE: Warum ist Stille so wichtig?
Kleine: Wir haben so viel Hektik in unserem Alltag. Und gerade auch in diesen Tagen und Wochen kommen die Menschen mit vielen Sorgen. Man hört viele Nachrichten. Und wir laden dazu ein, in Stille und Gebet eine Kerze anzuzünden für die Sorgen und Anliegen, die man hat.
DOMRADIO.DE: Gab es für Sie die Überlegung, das Ganze wegen des Coronavirus abzusagen?
Kleine: Ja, bis gestern gab es Überlegungen. Es gibt für beides gute Argumente. Dafür die Nacht beizubehalten und die Kirchen offen zu lassen, spricht, dass Menschen vor allem in Krisensituationen einen Ort brauchen, wo sie hinkommen können. Auf der anderen Seite gab es die Sorge, ob es nicht auch besser wäre, die Nacht der Kirchen abzusagen, wenn so viel anderes abgesagt wird.
Dennoch haben der Stadt-Superintendent und ich entschieden, dass wir das Format grundsätzlich nicht absagen. Erstens sind erfahrungsgemäß keine Massen unterwegs. Zweitens ist ja jeder frei, das Angebot wahrzunehmen, Stille und Ruhe und vielleicht auch den einen oder anderen musikalischen Akzent, oder eben nicht.
Aber eben habe ich noch gehört, dass zwei Kirchen abgesagt hat. Die Minoritenkirche und die Herz-Jesu-Kirche werden zum Beispiel doch nicht öffnen. Da haben wir gebeten, an die Kirchentür ein Plakat zu hängen. Aber ich gehe davon aus, dass die meisten Kirchen mitmachen und damit zeigen: Die Kirche hat eine offene Tür, gerade in solchen Situationen wie jetzt.
DOMRADIO.DE: Haben Sie eine Favoritenkirche?
Kleine: Spannend finde ich Sankt Ursula, die etwas abseits im Ursula-Viertel liegt - weil das eine der wunderschönen romanischen Kirchen ist und man sie mit Musik erleben kann. Weiterhin gibt in der Trinitatis-Kirche anlässlich des 75.Todestages von Dietrich Bonhoeffer Betrachtungen und Musik zum Lied "Von guten Mächten wunderbar geborgen". Und wann passt es besser als in diese Zeit?
Das Interview führte Verena Tröster.