Das wolle sie nun bei der Berufungsverhandlung am Donnerstag vor dem Landgericht München tun, hatte ihr Anwalt Heinrich Karl Haarmann in der vergangenen Woche gesagt. Seine Mandantin habe eingesehen, dass es ein Fehler gewesen sei, aus religiösen Gründen ihr Gesicht nicht zu zeigen.
Richter konnte Glaubwürdigkeit der Frau nicht beurteilen
In erster Instanz hatte die 43-Jährige bei ihrer Zeugenaussage den Schleier auch auf richterliche Aufforderung nicht ablegen wollen, was beim Amtsrichter auf Unverständnis stieß. Angeklagt ist ein Mann, der die Frau beleidigt haben soll. Der Amtsrichter hatte ihn im November freigesprochen. Als Begründung führte eine Gerichtssprecherin an, der Richter habe die Glaubwürdigkeit der Frau nicht beurteilen können, weil Gesicht und Mimik nicht erkennbar gewesen seien.
Keine Strafe für vollverschleierte Frau
Zeugen können wegen unangemessener Kleidung auch zu einem Ordnungsgeld verurteilt werden, weil sie damit ihrer Zeugenpflicht nicht nachkommen. In diesem Fall wäre es aber laut Gericht um eine "Geldstrafe im unteren Bereich" gegangen. Der Richter hatte daher von einer Strafe für die vollverschleierte Frau abgesehen. Anwalt Haarmann sagte, seine Mandantin sei "vollkommen aufgelöst" gewesen und in Tränen ausgebrochen, als ihr klargeworden sei, dass ihre Entscheidung solche negativen Konsequenzen haben könne.