"Was ist deine Lieblingsstelle aus der Bibel?" Als Donald Trump, der amerikanische Präsident, das gefragt wurde, antwortete er dem Radiosender WHAM: "Es gibt viele Bibelstellen, aber Auge um Auge ist meine liebste Bibelstelle."
"Auge um Auge" sei zwar nicht besonders nett, aber man sehe doch, Zitat Trump: "wie andere Länder uns verspotten und unsere Jobs wegnehmen, unser Geld und unser Wohlergehen. Wir müssen stark sein, dafür können wir viel aus der Bibel lernen." Zitat Ende.
Na ja, Herr Präsident, versuchen wir es mal mit dem Lernen.
Erster Lernschritt: "Auge um Auge" ist eine Ermahnung zur Verhältnismäßigkeit.
Es gibt ja Menschen, die wegen eines kleinen Fehlers total ausrasten, die wegen einer Nichtigkeit einen kaum mehr kontrollierbaren Racheanfall bekommen. Für die sagt dieses Wort: "Auge um Auge, Zahn um Zahn.": Stopp! Keine Überreaktion.
Wenn dir jemand den Schneidezahn aushaut, darfst du dem auch nur den Schneidezahn aushauen. Wenn dir einer ein blaues Auge schlägt, darfst du ihm nur ein blaues Auge schlagen, nicht mehr. Wie du mir, so ich dir.
Zweiter Lernschritt, der führt in die Schule Jesu.
Jesus hat die Methode der paradoxen Intervention vorgelebt. Dem, der unsicher war, hat er Stabilität zugetraut. Wer böse Absichten hatte, wurde mit der Wahrheit konfrontiert. Der Feigling bekam einen Blick voller Barmherzigkeit. Jesus hat seine Gegner mit demütiger Liebe überrascht. Der russische Schriftsteller Dostojewski lässt einmal in einem Roman Starez Sossima sagen:
"Manchmal wirst du dich fragen: Soll ich es mit Gewalt versuchen oder mit demütiger Liebe? Entscheide immer so: Ich will es mit demütiger Liebe versuchen. Wenn du dazu entschlossen bist, wirst du die ganze Welt besiegen können. Die liebevolle Demut ist eine Gewalt, die stärkste von allen. Und es gibt nichts, was ihr an Macht gleichkäme."
Dein Weihbischof Ansgar