Nach Berlin-Wahl: Bischöfe mahnen Verantwortung der Abgeordneten an

Historisch schlechtester Wahlsieg für die SPD

Von einem Wahlsieg kann kaum die Rede sein: Die SPD wird in Zukunft zwei neue Koalitionspartner mit ins Boot holen müssen, auch wird die AfD erstmals in Berlin mitmischen. Reaktionen zur Berlin-Wahl von den Kirchen und dem Zentralrat der Juden...

Begeisterung sieht anders aus: Bürgermeister Müller mit Ehefrau / © Bernd von Jutrczenka (dpa)
Begeisterung sieht anders aus: Bürgermeister Müller mit Ehefrau / © Bernd von Jutrczenka ( dpa )

Die Spitzen der Berliner Kirchen haben nach der Abgeordnetenhauswahl eine verantwortungsvolle und sachbezogene Arbeit der gewählten Volksvertreter angemahnt. "Die Prognosen für das Wahlergebnis der AfD haben sich nicht bewahrheitet", betonte der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Markus Dröge, in einer Stellungnahme am Sonntagabend in Berlin. Dennoch habe die rechtspopulistische Partei "einen beachtlichen Wahlerfolg erzielt und hat die Möglichkeit einer demokratischen Meinungsbildung für sich genutzt". Nun müssten sich die gewählten Vertreter auch als Demokraten erweisen, die die Werte der freiheitlichen Gesellschaft achten, mahnte Dröge.

"Buntes Abgeordnetenhaus"

Sein Amtskollege, der katholische Erzbischof Heiner Koch, betonte:

"Ich verstehe das Wahlergebnis als Einladung, schöpferisch und sachbezogen um der Menschen Willen zusammenzuarbeiten. Das erhoffe ich für das neue Abgeordnetenhaus und den neuen Senat, das gilt aber auch für die Opposition."

Zugleich bezeichnete Koch den Wahlausgang in Berlin als "vielleicht nicht den Tag der großen Volksparteien". Dafür werde das künftige Abgeordnetenhaus sehr bunt sein, "ein Spiegel der Berliner Gesellschaft, in der es auch keine glatten Mehrheiten, aber viele Minderheiten gibt". Koch zeigte sich zudem erfreut über die starke Wahlbeteiligung. Er warnte davor, bestimmten Wählern zu sagen, sie hätten falsch gewählt. "Als Demokraten müssen wir vielmehr nach den Gründen fragen", so Koch.

Kirche als Partner der Regierung

"Als evangelische Christen wissen wir, dass es nur in einer gemeinsamen Verantwortung von Regierenden und Regierten gelingen kann, der Stadt Bestes zu suchen", betonte Dröge weiter. Auch in den kommenden fünf Jahren sei die evangelische Kirche bereit, ein kritischer, aber verlässlicher Partner von Parlament und Senat zu sein. "Nun kommt es darauf an, dass Berlin eine neue Regierung erhält, die mit dem durch die Wahlen erhalten Mandat - vor Gott und den Menschen - verantwortungsvoll umgeht."

Der evangelische Landesbischof wünschte allen, die an der Regierungsbildung beteiligt sein werden, Besonnenheit, Augenmaß und unermüdliche Einsatzbereitschaft für ein weltoffenes und tolerantes Berlin. Er dankte auch den ehrenamtlichen Wahlhelfern. Die Erfahrung aus der Geschichte zeigte, dass auch die Regierten Verantwortung für das Gemeinwohl tragen.

Zentralrat der Juden enttäuscht

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, zeigte sich indes enttäuscht über den Einzug der AfD ins Berliner Abgeordnetenhaus. Leider seien die Rechtspopulisten jetzt auch in der Bundeshauptstadt vertreten. Auch in Berlin sei es ihnen "offenbar gelungen, die Unzufriedenheit vieler Bürger mit der herrschenden Politik nicht nur aufzugreifen, sondern mit populistischen Parolen zu schüren", so Schuster. Er zeigte sich skeptisch, ob die AfD in Berlin in der Lage sein werde, sich klar von Rechtsradikalen in ihren Reihen zu distanzieren. Die etablierten Parteien sollten das Wahlergebnis sehr ernst nehmen und Wege suchen, "um wieder einen besseren Draht zu den Bürgern zu entwickeln", sagte der Zentralratspräsident.

FDP wieder dabei

Bei der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus war am Sonntag die SPD mit 21,6 Prozent der Stimmen als stärkste Kraft hervorgegangen. Die CDU erreichte demnach 17,6 Prozent. Drittstärkste Kraft in der Bundeshauptstadt wurden die Grünen mit 15,2 Prozent, dicht gefolgt von der Linken mit 15,6 Prozent. Die rechtspopulistische AfD erhielt 14,2 Prozent der Wählerstimmen und zieht damit erstmals ins Berliner Abgeordnetenhaus ein. Auch die FDP schaffte den Wiedereinzug ins Landesparlament mit 6,7 Prozent (Stand 19.9. 7:30 Uhr).

 


Quelle:
epd