Nach Festhalten der Türkei an Zypern-Blockade: Brüssel will Verhandlungen teilweise einfrieren

Die EU drosselt das Tempo

Die EU-Kommission will die Beitrittsgespräche mit der Türkei wegen des anhaltenden Streits um Zypern in gedrosseltem Tempo weiterführen. Die Brüsseler Behörde empfahl den EU-Regierungen am Mittwoch, acht der insgesamt 35 Verhandlungskapitel vorläufig aus den Gesprächen auszuklammern. Grund ist die Weigerung der Türkei, ihre Flug- und Seehäfen für das EU-Mitglied Zypern zu öffnen. "Die Beitrittsverhandlungen müssen glaubwürdig bleiben", betonte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso.

 (DR)

Merkel: "Starkes Signal"
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) begrüßte den Schritt der EU-Kommission und sprach von einem "starken Signal". Die Türkei müsse das Ankara-Protokoll umsetzen, erklärte sie am Rand des NATO-Gipfels in Riga. Die Entscheidung über die Zukunft der Türkei-Gespräche liegt jetzt in den Händen der EU-Außenminister, die am 11. Dezember in Brüssel zusammenkommen. Das Thema wird auch die europäischen Staats- und Regierungschefs bei ihrem Gipfeltreffen in Brüssel am 14. und 15.
Dezember beschäftigen.

Sobald die Türkei eingelenkt habe, könnten die Verhandlungen in normalem Tempo weitergehen, betonte Erweiterungskommissar Olli Rehn. Allerdings sollte kein Verhandlungskapitel geschlossen werden, bevor die Türkei ihre Verpflichtungen nicht nachweislich erfüllt habe. Die vollständig gesperrten Kapitel betreffen unter anderem die Bereiche freier Güterverkehr, Dienstleistungsfreiheit, Landwirtschaft und Außenbeziehungen.

Scharfe Kritik von Christdemokraten und Liberalen
Sozialdemokraten im Europaparlament nannten die Empfehlung der EU-Kommission angemessen. Es gehe nicht um den "Stopp" oder ein "Einfrieren" der Beitrittsverhandlungen, sagte der SPD-Europaabgeordnete Vural Öger. Seine Fraktionskollegin Mechtild Rothe betonte, es wäre falsch gewesen, die Verhandlungen weiterzuführen, als sei nichts geschehen.

Dagegen nannten Christdemokraten und Liberale die Kommissions-Empfehlung inkonsequent. Der CDU-Europaabgeordnete Elmar Brok sagte, es dürfe überhaupt kein neues Verhandlungskapitel mehr eröffnet werden, bis die Türkei ihren rechtlichen Verpflichtungen nachgekommen sei. Brok, der Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Europaparlaments ist, warnte davor, dass Ankara die Haltung der EU als Schwäche auslegen werde. Auch der FDP-Europaabgeordnete Alexander Graf Lambsdorff verlangte ein Einfrieren aller Verhandlungskapitel.

Die Türkei hält an ihrer Blockade gegen Zypern fest
Die finnische EU-Ratspräsidentschaft hatte ihre Vermittlungsversuche im Zypern-Streit bereits am Montag für gescheitert erklärt. Die Türkei hält an ihrer Blockade gegen Zypern fest, da sie das Land weder direkt noch indirekt als Staat anerkennen will. Südzypern war der EU 2004 beigetreten. Zuvor hatte es eine Wiedervereinigung mit dem türkisch kontrollierten Norden abgelehnt, die der Norden befürwortet hatte. Die Türkei verlangt unter anderem, die EU solle ihre Wirtschaftsblockade gegen den Nordteil der Insel aufheben.

Die Annäherung zwischen der Türkei und der EU ist auch Thema des Türkei Besuches von Papst Benedikt XIV. Nach Angaben des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan soll sich Benedikt in einer vertraulichen Unterhaltung am Dienstag für den Türkei-Beitritt der EU ausgesprochen haben. Ein Sprecher des Päpstlichen Einheitsrates erklärte dazu, es gebe keine offizielle Position des Vatikans in dieser Frage. Der Heilige Stuhl begrüße es, wenn Staaten die Standards und Ziele der EU erreichten.