Im konkreten Fall arbeitete die Klägerin als Hebamme von 1994 bis Mitte 2014 in der Caritas-Klinik. Zu diesem Zeitpunkt war sie Mitglied der katholischen Kirche. Danach machte sie sich als Hebamme selbstständig. Im September 2014 trat sie aus der katholischen Kirche aus. Grund war nicht ihr fehlender Glaube, sondern vielmehr die Kindesmissbrauchsfälle in der katholischen Kirche, die strafrechtlich nicht verfolgt würden, so die Frau.
Kirchenaustritt sei "Loyalitätsverstoß"
Doch dann kehrte sie zu ihrem früheren katholischen Arbeitgeber zurück. Während des Einstellungsgesprächs war die Mitgliedschaft in der Kirche kein Thema. Als der kirchliche Arbeitgeber die fehlende Kirchenmitgliedschaft bemerkte, kündigte er der Hebamme. Der Kirchenaustritt sei als "Loyalitätsverstoß" zu werten. Sie arbeite unmittelbar mit Patientinnen und da müsse gewährleistet sein, dass sie für die Werte des Evangeliums eintritt.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) legte den Fall dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg vor. Die Erfurter Richter hielten einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz der EU-Grundrechte-Charta für möglich. So sei es widersprüchlich, wenn die Caritas-Klinik einerseits Beschäftigte wegen ihres Kirchenaustritts kündige, andererseits Mitarbeiter, die noch nie in der Kirche Mitglied waren, weiter beschäftige, so das Gericht.
Klinik erkannte Revisionsanträge der Hebamme an
Noch bevor die Große Kammer des EuGH entscheiden konnte, machte die Klinik indes einen Rückzieher und erkannte die Revisionsanträge der Hebamme an, wohl auch, um eine höchstrichterliche Entscheidung zu verhindern. Danach ist das Arbeitsverhältnis der Hebamme durch die Kündigung nicht aufgelöst worden. Mit der Zustellung des Anerkenntnisurteils durch das BAG ist das Verfahren nun abgeschlossen.