Nach Streit in Freiburg 2025 neuer Domkapellmeister

Anwalt reagiert

In Freiburg gibt es Streit um die Kündigung des Domkapellmeisters. Nach einem bundesweit beachteten Vorfall in der Christmette bestätigt das Erzbistum die Neubesetzung. Der Anwalt des Mannes kritisiert Erzbischof Burger.

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Von Matthias Jöran Berntsen
Freiburger Münster im Winter / © Uellue (shutterstock)
Freiburger Münster im Winter / © Uellue ( shutterstock )

Die Stelle des Domkapellmeisters in Freiburg soll im Jahr 2025 neu besetzt werden, die Bewerbersuche laut Erzbistum im Frühjahr starten - und der aktuelle Stelleninhaber sei bereits gekündigt worden. "Die Ausschreibung kann frühestens nach dem 1. März 2025 veröffentlicht werden", teilte ein Sprecher der Diözese am Freitag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) mit.

Er bestätigte außerdem, dass es dafür bereits erste Kontakte zu vergleichbaren Einrichtungen in Deutschland gegeben habe. Es ging dabei etwa darum, "Kriterien und Standards einer Domsingschule zu benennen", wie der Sprecher sagte. "Dabei helfen die fachliche Expertise und der Austausch mit dem Amt für Kirchenmusik in Freiburg." Eine Rücknahme der Trennung von Domkapellmeister Boris Böhmann ist offenbar weiterhin keine Option: "Die Kündigung bleibt zu Ende Februar wirksam."

Vorfall sorgt bundesweit für Aufsehen

Ein Vorfall bei der Christmette im Freiburger Münster hatte in dieser Woche bundesweit für Aufsehen gesorgt: Nach einem Lied der Domsingknaben am Ende des Gottesdienstes brandete laut Medienberichten ein lang anhaltender Applaus auf - offenbar aus Solidarität mit dem Domkapellmeister. Er selbst wies zuletzt auf der dem Portal Focus.de ein Mitwirken an diesem Protest zurück.

"Unserem Mandanten war von den Protestaktionen aus der Gemeinde am Ende der Christmette und des Pontifikalamtes am Folgetag nichts bekannt", heißt es demnach in einer Erklärung von Böhmanns Anwalt. "Er betont, dass die Liturgie in allen Elementen gefeiert werden konnte und lediglich der Schlusssegen durch den Applaus etwas verzögert wurde."

Vorwürfe gegen Erzbischof Burger

Böhmann kritisierte laut dem Bericht zudem das Vorgehen des Freiburger Erzbischofs Stephan Burger. Dieser habe eine Live-Übertragung eines Fernsehsenders vorzeitig abschalten lassen. So seien jedoch zahlreiche Gläubige vom Abschluss des Gottesdienstes ausgeschlossen worden, was laut Focus als "bedauerlich" bezeichnet wurde.

Erzbischof Burger / © Dedert (dpa)
Erzbischof Burger / © Dedert ( dpa )

Burger hatte die Feier nach einer Unterbrechung beendet. Nach dem Vorfall entspannte sich eine Debatte. Die Erzdiözese sprach dabei von einem Protest "zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort".

Offener Brief der Eltern der Singknaben

Am Donnerstagabend hieß es in einem Offenen Brief der Elternvertreter der Freiburger Domsingknaben, dass der Applaus keineswegs eine "mutwillige Störung" gewesen sei. Vielmehr habe es sich um eine Anerkennung der Arbeit von Böhmann gehandelt.

"Dass der Livestream kurz darauf abgebrochen und diese Würdigung als 'mutwillige Störung' bezeichnet wurde, vermittelt leider den Eindruck, berechtigte Anteilnahme sollte unterdrückt werden." Die Rede ist von einem Affront. In dem Brief wird auch die Rücknahme der Kündigung "als klares Signal eines Neubeginn" gefordert.

Musiker als Leiter von vier Chören

Die von dem 60-Jährigen geleiteten vier Chöre am Dom kämpfen für den Verbleib des Kirchenmusikers, der seit 2003 Domkapellmeister in Freiburg ist. Sie kritisieren, dass sie weder vom Erzbischof noch vom Domkapitel zu der Entlassung gehört worden seien.

Symbolbild Chorsängerinnen und Chorsänger mit Notenblatt / © PIGAMA (shutterstock)
Symbolbild Chorsängerinnen und Chorsänger mit Notenblatt / © PIGAMA ( shutterstock )

Ein Sprecher des Erzbistums sagte der KNA, es sei nachvollziehbar, dass nach der Kündigung eines langjährigen Chorleiters Unruhe unter den Mitgliedern der Dommusik entstehe. Aufgrund von Daten- und Persönlichkeitsschutz dürften die Gründe aber nicht öffentlich dargelegt werden.

Mehrere arbeitsgerichtliche Verfahren

Die Kündigung hat laut dem Sprecher eine lange Vorgeschichte. "In der Domsingschule herrschten zahlreiche Konflikte. Es gab immer wieder Versuche von Schlichtungen, die aber allesamt scheiterten." Die Entscheidung habe sich niemand leicht gemacht, aber sei der letzte Ausweg gewesen. Die Gründe für die Kündigung seien in mehreren arbeitsgerichtlichen Verfahren erörtert worden.

Die Erzdiözese kritisierte eine wiederholte Störung des Gottesdienstes als ungeeignete Protestform. "Viele Besucherinnen und Besucher, die mit dem Konflikt nichts zu tun haben, wurden damit mutwillig in eine Auseinandersetzung hineingezogen", sagte der Sprecher. Konflikte und Meinungsverschiedenheiten ließen sich nicht auf diese Weise lösen. "Die Situation macht umso mehr deutlich, dass ein Neuanfang in der Leitung der Dommusik dringend geboten ist."

Klage gegen Kündigung ohne Erfolg

Eine Klage Böhmanns gegen die Kündigung hatte das Arbeitsgericht Freiburg abgewiesen. Der Richterspruch ist aber bislang nicht rechtskräftig.

Erzbistum Freiburg

Freiburger Münster / © C. Nass (shutterstock)

Das Erzbistum Freiburg ist mit knapp zwei Millionen Katholiken nach Köln das zweitgrößte der 27 katholischen Bistümer in Deutschland. Es entstand 1827 als Folge der politischen Umbrüche nach der Französischen Revolution. Zu wesentlichen Teilen ging die Diözese aus dem im sechsten Jahrhundert gegründeten, aber im 19. Jahrhundert aufgelösten Bistum Konstanz hervor.

Quelle:
KNA