WHO gerät in der Corona-Pandemie zwischen die Fronten

Nähe zu China wirft weiter Fragen auf

Die Corona-Pandemie ist die Stunde der WHO als oberste Instanz der Vereinten Nationen in Gesundheitsfragen. Doch nicht für alle Länder ist das so eindeutig. Denn wer nimmt wirklich Einfluss auf die WHO?

Autor/in:
Anna Mertens
 Wuhan: Eine Frau mit Mundschutz schiebt ihr Fahrrad auf einer Straße / © Xiong Qi (dpa)
Wuhan: Eine Frau mit Mundschutz schiebt ihr Fahrrad auf einer Straße / © Xiong Qi ( dpa )

Es ist nicht das erste Mal, dass die Weltgesundheitsorganisation (WHO) den weltweiten Gesundheitsnotstand ausgerufen hat. Dennoch ist die aktuelle Covid-19-Pandemie auch für die WHO ihre größte Herausforderung.

Dabei geht es nicht nur um die Eindämmung des Virus selbst; es geht zusätzlich um den erschwerten Kampf gegen Krankheiten wie HIV, Malaria oder Tuberkulose, es geht um Geld und Einfluss. Denn während Covid-19 die Welt in Atem hält, steht die Frage im Raum, was die WHO tut, was sie tun sollte und wer dies bestimmt.

Am Montag und Dienstag tagt die Weltgesundheitsversammlung, das höchste WHO-Entscheidungsgremium virtuell zur Bewältigung der Covid-19-Pandemie. Die WHO ist eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen mit Sitz in Genf und zählt mittlerweile 194 Mitglieder.

Sie wurde am 7. April 1948 mit dem Ziel gegründet, für alle Völker das höchstmögliche Gesundheitsniveau zu erreichen. Hierfür soll die WHO die gesundheitliche Entwicklung überwachen, Gesundheitssysteme stärken und Standards für die weltweite Gesundheitsforschung, etwa bei Impfungen, entwickeln.

Spannungen zwischen China und den USA

Immer wieder wurde in der Vergangenheit - etwa beim Ebola-Ausbruch in Westafrika - und nun erneut kritisiert, dass die WHO nicht schnell und umfassend genug reagiere. Besonders harsch und drastisch fiel die Kritik von US-Präsident Donald Trump aus, der als bislang größter Geber die Mittel für die WHO kurzentschlossen einfror. Vergangene Woche kündigte Trump jedoch an, sich in Kürze zu diesem Beitragsstopp äußern zu wollen.

Trump wirft der WHO nicht nur mangelhaftes Handeln, sondern vor allem eine zu große Nähe zu China vor. Seit Beginn der Pandemie in der chinesischen Region Hubei haben die Spannungen zwischen China und den USA stark zugenommen. Trump macht China für die Verbreitung des Virus verantwortlich und sieht die WHO darin involviert.

Zuletzt drohte Trump China, die Beziehungen komplett abzubrechen. Ganz allein ist der US-Präsident mit seiner Kritik nicht. Einige Experten sehen eine deutlich zu positive Haltung der WHO gegenüber China - trotz nachweislicher und gravierender Fehler der chinesischen Regierung im Umgang mit Covid-19.

Auf Unterstützung angewiesen

Die WHO ist angewiesen auf die Unterstützung, vor allem die finanziellen Mittel ihrer Mitgliedsstaaten. Diese tragen durch Pflichtbeiträge, die sich an den UN-Beitragssätzen orientieren, und durch freiwillige Zahlungen zur WHO bei. Die Zahlungsmoral schwankt jedoch stark. Entsprechend übersteigen die Spenden von Stiftungen, UN-Institutionen, Nichtregierungsorganisationen und Privatpersonen die öffentlichen Mittel mittlerweile bei weitem. Waren 1990 noch etwa 49 Prozent des WHO-Budgets Pflichtbeiträge der Mitglieder, sind es mittlerweile nurmehr 20 Prozent.

Bislang waren die USA mit Pflichtbeitrag sowie freiwilligen Mitteln stets der größte Geber. Umso härter trifft die Organisation Trumps Entscheidung, die Mittel einzufrieren. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und zahlreiche weitere Regierungschefs betonten die Bedeutung der WHO und kritisierten Trump direkt oder indirekt. Deutschland selbst steht mit anteilig 5,8 Prozent im Jahr 2020/2021 an fünfter Stelle der Geberliste, hinter Großbritannien. Chinas Beitrag wuchs zuletzt und liegt bei knapp einem Prozent. Damit ist China auf Platz 24 der Geberliste, hinter Japan, Pakistan oder Kuweit.

WHO weist Kritik zurück

An zweiter und dritter Stelle stehen indes 2020 die Bill und Melinda Gates Stiftung sowie die "Globale Allianz für Impfstoffe und Immunisierung" (GAVI), die wiederum maßgeblich vom Ehepaar Gates gefördert wird. Auch Rotary International ist unter den größten Gebern. Diese Abhängigkeit von privaten Gebern sorgt seit Jahren für Stirnrunzeln. Kritiker sehen dadurch die Neutralität der WHO gefährdet.

Die WHO selbst weist Kritik zurück. Sprecher Christian Lindmeier sagte am Montag im rbb-Inforadio: "Die WHO war immer in der Kritik, wenn es um einzelne Geldgeber geht - egal, wer es ist." Die Annahme sei immer gewesen, dass ein Geber einen gewissen Einfluss erlange, sobald er viel Geld zahle. Natürlich habe man etwa zu Beginn der Pandemie den Kontakt zu China gesucht, um möglichst viele Informationen zum Ausbruch zu sammeln.


Teströhrchen für einen Covid-19-Antikörpertest / © Lee Jin-Man (dpa)
Teströhrchen für einen Covid-19-Antikörpertest / © Lee Jin-Man ( dpa )
Quelle:
KNA