Die Uni wies am Freitag auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) zwar darauf hin, dass im Juli 2022 der Hochschulsenat einen Antrag auf Umbenennung der Universität abgelehnt habe. Aus Sicht von Rektorin Karla Pollmann gelte es, "diese Entscheidung zu respektieren".
Zugleich habe die Universität daraus aber "den Auftrag mitgenommen, sich weiterhin mit ihrer eigenen Geschichte auseinanderzusetzen, und zwar sowohl mit den Licht- als auch den Schattenseiten". Pollmann amtiert seit Oktober 2022.
Gründer der Uni ein Antisemit
Uni-Sprecherin Antje Karbe kündigte an, die 1477 gegründete Universität werde ihr 550-Jahr-Jubiläum 2027 "auch zu einer kritischen historischen Betrachtung nutzen".
Der baden-württembergische Antisemitismusbeauftragte Blume hatte betont, es sei notwendig, die Benennung der Universität "nach einem Judenhasser und Judenvertreiber" zu beenden. Er äußerte sich am Dienstagabend bei einem Vortrag an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Uni Tübingen.
Der Name Eberhard Karls Universität bezieht sich auf zwei Personen: Graf Eberhard im Bart (1445-1496), der Gründer der Uni, gilt als Antisemit. Historiker kamen in einem Gutachten vom Frühjahr 2022 zu dem Ergebnis, dass Eberhard entschieden hatte, Aufenthaltsgenehmigungen für in Tübingen ansässige Juden nicht mehr zu verlängern.
Im Sommer Umbenennung der Universität abgelehnt
Herzog Karl Eugen von Württemberg (1728-1793), der seinen ersten Namen hinzufügte, war demnach verantwortlich für den Verkauf württembergischer Soldaten an auswärtige Mächte, um der eigenen Staatskasse zusätzliche Einnahmen zu sichern.
Im Juli 2022 hatte der Senat der Hochschule einen Antrag von Studierenden auf Umbenennung der Universität abgelehnt. Für eine Streichung der beiden Personen stimmten 15 Senatsmitglieder, dagegen waren 16, und 2 enthielten sich. Für eine Umbenennung wäre eine Zweidrittelmehrheit notwendig gewesen.
Der von 2006 bis 2022 amtierende Rektor Bernd Engler sagte seinerzeit, die Benennung der Uni habe nie eine "unkritische Würdigung" beider Namensgeber bedeutet. Am Freitag betonte die Hochschule, die an dem Gutachten von 2022 beteiligten Wissenschaftler hätten "die Quellenlage zur Gründung der Universität sowie zur Bewertung der beiden Landesfürsten außerordentlich sorgfältig geprüft".
Vorschlag: nach Ehefrau benennen
Die Expertise verwies nicht nur auf Verfehlungen der beiden Namensgeber. Die Politik und der persönliche Einsatz beider Herrscher seien entscheidend für die Gründung der Universität Tübingen im 15. Jahrhundert und den Fortbestand der Universität im 18. Jahrhundert gewesen. Die negativen Seiten beider Persönlichkeiten seien Ausdruck zeittypischer Haltungen, so das Gutachten. Es war von einer Arbeitsgruppe von Historikerinnen und Historikern unter Leitung der Direktorin des Instituts für Geschichtliche Landeskunde der Universität Tübingen, Sigrid Hirbodian, erstellt worden.
Blume machte am Dienstag auch einen konkreten Vorschlag für eine Namensänderung. Er fände es gut, "wenn wir statt dem Grafen mit ewigem Bart seine viel zu unbekannte Ehefrau, die Herzogin Barbara Gonzaga (1455-1503) zur Namensgeberin erheben". Blume fügte hinzu: "Sie erduldete nicht nur den schwierigen Gatten, sondern brachte aus Italien Ideen des Humanismus und der Bildung auch für Frauen, förderte auch diese Universität."