Die Verleihung des "Echo" sorgt weiter für Diskussionen. Am Samstag wurden Details aus den Beratungen des "Echo"-eigenen Ethik-Beirates bekannt, der sich im Vorfeld mehrheitlich gegen einen Ausschluss der Rapper Kollegah und Farid Bang ausgesprochen hatte.
"Die katholische Vertreterin im Beirat hat sich gegen die Nominierung entschieden, weil bei den Texten die Grenzen der Kunstfreiheit überschritten sind", sagte der Sprecher der Deutschen Bischofskonferenz, Matthias Kopp, am Samstag auf Anfrage.
"Echo" in der Kategorie Hip-Hop/Urban National
Gegen die beiden Musiker häufen sich die Antisemitismus-Vorwürfe. In einem Liedtext von ihnen heißt es: "Mein Körper definierter als von Auschwitzinsassen." Trotz Kritik im Vorfeld erhielten sie am Donnerstagabend in Berlin einen "Echo" in der Kategorie Hip-Hop/Urban National.
Der Präsident des Jüdischen Weltkongresses kommentierte in der "Bild"-Zeitung: "In Deutschland bekommt man jetzt also einen Preis dafür, dass man Frauen verächtlich macht, Gewalt verherrlicht und sich über Auschwitz-Opfer lustig macht?" Außenminister Heiko Maas (SPD) twitterte: "Antisemitische Provokationen haben keine Preise verdient, sie sind einfach widerwärtig." Es sei "beschämend", dass ein solcher Preis am jüdischen Holocaustgedenktag verliehen worden sei.
Ein Phänomen der Rap-Szene
Der jüdische Rapper Ben Salomo attestiert der deutschen Rap-Szene eine starke Judenfeindlichkeit. Die deutsche Rap-Szene sei in weiten Teilen genauso antisemitisch wie die deutsche Rechtsrock-Szene, sagte Salomo der "Berliner Morgenpost" am Samstag.
Bei vielen, die er kenne, spiegele sich das noch nicht mal in den Texten wider, aber sehr viele glaubten an antijüdische Verschwörungstheorien. "Dadurch kommt das dann auch immer wieder in den Songs vor", sagte der Berliner Musiker.
Der jüdische Rapper Ben Salomo erlebte selber Antisemitismus
Salomo sagte, Rapper seien ein besonders starker Multiplikator. "Sie haben Millionen junge und fanatische Fans, die die Rapper als Idole sehen. Die können das noch gar nicht reflektieren. Das ist eine sehr, sehr gefährliche Sache. Dass der Echo so was auch noch kürt, ist kein Skandal, das ist ein komplettes Versagen."
Er selbst habe Antisemitismus in der Rap-Szene auch erlebt, sagte Salomo, der seit Ende der 90er Jahre dabei ist. "Das fängt damit an, dass Backstage jemand einen Joint nicht weitergibt und als 'Jude' beschimpft wird. In Gesprächen mit anderen Rappern werde ich sofort in die Außenminister-Position von Israel gedrängt. Da soll ich mich dann von der Politik Israels distanzieren." Aber er habe Antisemitismus nicht nur in der Rap-Szene erlebt - das sei ein gesamtgesellschaftliches Problem. "Ich wurde bereits in der siebten Klasse von türkischen und arabischen Mitschülern wegen meines Jüdischseins diskriminiert und angegriffen."
Preis als "Schande" bezeichnet
Als Jude fühle er sich in der deutschen Rap-Szene nicht mehr wohl, sagte Salomo. Deshalb ziehe er sich in diesem Jahr aus der deutschen Rap-Szene zurück. Aber es geschehe hierzulande auch insgesamt zu wenig gegen Antisemitismus. "Das macht mich betroffen. Gefühlt sitze ich deshalb auf gepackten Koffern in Deutschland."
Bereits am Freitag hatte der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, die Entscheidung für den Preis als "Schande" bezeichnet. Auch der neue Antisemitimus-Beauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, verurteilte die "Echo"-Ehrung für die Rapper scharf.