KNA: Schwester Katharina, bei dem Studientag im Rahmen ihrer Mitgliederversammlung ging es um das Thema "Berufung" - ein Dauerbrenner, gerade mit Blick auf den fehlenden Nachwuchs. Neben Gottvertrauen - wo sehen Sie ganz konkrete Möglichkeiten, Menschen für das Ordensleben zu anzusprechen?
Sr. Katharina Kluitmann (Vorsitzende der Deutschen Ordensobernkonferenz, Provinzoberin der Franziskanerinnen in Lüdinghausen): Es ging dabei nicht um ausbleibenden Nachwuchs, sondern tatsächlich um Berufung. Sie ist nichts, für dass man sich als junger Mensch einmal entscheidet, sondern ein Thema, das einen lebenslang begleitet und sich wandeln kann. Berufung hat mit menschlich-geistlichem Wachstum zu tun. Da sind wir auch als Obere gefordert, unsere Mitarbeiter in ihrer individuellen Berufung wahrzunehmen und auch in ihrer Berufung für die jeweilige Gemeinschaft. Nur Ordensleute, die menschlich und geistlich lebendig bleiben, können attraktiv sein.
KNA: Auch wegen des demografischen Wandels gibt es davon immer weniger ...
Sr. Katharina: Ich glaube nicht, dass wir irgendetwas tun können, dass wir wieder die Zahlen von früher erreichen. Dazu hat sich die Zeit - Gott sei Dank - zu sehr verändert. Frauen haben es in unserer Gesellschaft leichter als früher. Im 19. Jahrhundert war das Ordensleben für Frauen die einzige Chance, in der Gesellschaft auch beruflich Verantwortung zu übernehmen. So sind die vielen Frauenkongregationen entstanden.
KNA: "Die Letzte macht das Licht an", lautete der Titel Ihrer Dissertation. Das klingt sehr optimistisch. Gibt es auch heute noch junge Ordensfrauen mit großer Strahlkraft?
Sr. Katharina: Es gibt sowohl junge Männer wie auch Frauen mit Strahlkraft - auch in den Ordensgemeinschaften. Aber manche finden nicht die richtige Gemeinschaft für sich, gehen gar erst nicht ins Kloster oder treten wieder aus.
KNA: Wie häufig sind Seiteneinsteiger und Spätberufene? Könnte es auch eine Option sein, in Zukunft mehr auf sie zu setzen?
Sr. Katharina: Das Wort Spätberufene gibt es in unserem Kontext eigentlich gar nicht mehr. Es ist inzwischen fast normal geworden, dass Menschen in einem zweiten oder dritten Anlauf in eine Ordensgemeinschaft eintreten oder Priester werden. Menschen werden einfach älter, deshalb haben sie mehr Lebenszeit - und können so mehrere Lebensentwürfe leben.
Manche treten nach einem biografischen Bruch wie einer Scheidung oder dem Tod des Partners ein, oder auch weil eine Ordensberufung in einem anderen Orden für sie nicht mehr lebbar war. Für manche ist die Ordenszeit einfach eine weitere Lebensphase. Frauen neigen, mehr noch als Männer, zu einem späteren Ordenseintritt; viele wagen noch um die
40 noch diesen Schritt. Aber auch manche Witwer treten im ziemlich hohen Alter noch in einen Orden ein. Ich kenne ein Kloster, in dem freie Fürbitten formuliert werden. Wenn dort eine Schwester "für meine Enkel" betet, dann ist man erst mal einen kleinen Moment irritiert. Aber ja, sie betet für ihre Enkel.
KNA: Wie gehen die Orden mit älteren "Einsteigern" um?
Sr. Katharina: Das spiegelt sich auch in der Vorbereitung auf das Ordensleben. Die frischen Ordensleute, die nicht mehr jung sind, müssen anders ausgebildet werden, einfach weil sie eine ganz andere Lebenserfahrung haben. Auch für solche veränderten Ausbildungskriterien im höheren Alter ist die DOK wichtig. Hier kann es einen Austausch über solche Themen geben, und wir können uns miteinander vernetzten.
KNA: Dennoch werden die einzelnen Gemeinschaften immer kleiner und müssen mitunter auch geschlossen werden. Eine frustrierende Erfahrung für die letzten Verbliebenen. Haben Sie eine alternative Idee?
Sr. Katharina: Ich gehe davon aus, dass das Ordensleben in Deutschland Zukunft hat - auf einem viel, viel tieferen Zahlenniveau und nur, wenn wir mutig sind, Dinge zu verändern. Viele sagen: Es gibt so viele Ordensgemeinschaften, da schaut doch keiner mehr durch, tut Euch doch einfach alle zusammen. Aber so eine Fusion ist formal sehr schwierig.
Es ist aber durchaus möglich, dass Ordensleute in gemischten Konventen - also mit unterschiedlichen Ordensgemeinschaften unter einem Dach - zusammenzuleben. Ich selbst lebe seit sieben Jahren mit Franziskanerinnen von Münster, St. Mauritz zusammen und würde sagen, das ist ideal. Eine Mitschwester lebt in einem noch wilder gemischten Konvent. Unter solchen veränderten Vorzeichen ist heute Vieles möglich: an gemeinsamen Arbeits- und Lebensprojekten und an Projekten in der Berufspastoral. Auch um hier die Kreativität zu bündeln und sich auszutauschen ist die DOK eine gute Plattform. Ich freue mich darauf, die DOK auf diesem spannenden Weg zu begleiten.