Es war ein Herzensprojekt des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan – und stieß auf internationale Kritik: Im Sommer 2020 hatte Erdogan die einst als Kirche gebaute Hagia Sophia in Istanbul von einem Museum wieder in eine Moschee umgewandelt. Erdogan beschwichtigte damals, der Eintritt werde immerhin abgeschafft und das Kulturdenkmal stehe allen offen – Muslimen und Nicht-Muslimen. Ab Montag nun gibt es eine neue Änderung: Das Betreten der Hagia Sophia soll reguliert werden und wird für Besucher wieder kostenpflichtig.
Der Tourismusminister verspricht sich davon ein besseres Miteinander von Besuchern und Gläubigen. Touristen machten unvermeidlich Lärm und störten damit unfreiwillig den Frieden und das Gebet, sagte Minister Mehmet Nuri Ersoy vor Kurzem.
Trennung von Gläubigen und Touristen
Touristen wie Betende dürfen bislang gemeinsam den Innenraum der Hagia Sophia betreten. Absperrungen und Hinweisschilder sorgen für etwas Distanz. Ab Montag werden Gläubige und Besucher durch verschiedene Eingänge geschleust. Während die Betenden die bisherigen Eingänge nutzen können, werden Touristen über eine Galerie im oberen Stockwerk geführt. Reiseführer dürfen laut Ersoy nicht mehr erklärend durch die Gänge geleiten. Stattdessen sollen Kopfhörer eingesetzt werden. "Unsere Priorität dort ist das Gebet", sagte Ersoy. Der Bau sei aber auch ein Weltkulturerbe und müsse daher für Besucher aus aller Welt offen bleiben.
Die 29-jährige Zeliha Duman ist aus Deutschland gekommen, um sich die Hagia Sophia nach der Umwandlung in eine Moschee noch einmal anzusehen. Sie findet sie "atemberaubend". Die neue Regelung begrüßt sie. "Solange der Eintritt nicht unbezahlbar ist, finde ich das in Ordnung. Wieso sollte die Türkei und die Regierung nicht davon profitieren?", sagt sie. Das Geld könne in den Erhalt solcher Glaubensstätten gesteckt werden.
Bedeutend für Christen und Muslime
Seit 1985 gehört die Hagia Sophia als Teil der Istanbuler Altstadt zum Unesco-Weltkulturerbe. Sie hat eine bewegende Geschichte hinter sich. Errichtet von Kaiser Justinian war die Hagia Sophia fast ein Jahrtausend lang das größte Gotteshaus der Christenheit. Sie war Hauptkirche des Byzantinischen Reiches. Ab dem 7. Jahrhundert wurden dort die Kaiser gekrönt.
Nach der Eroberung Konstantinopels (heute Istanbul) 1453 durch die Osmanen wurde die Hagia Sophia in eine Moschee umgewandelt. Auf Anordnung des türkischen Republikgründers Mustafa Kemal Atatürk wurde das Gebäude 1934 zum Museum - bis zum Sommer 2020. Wie der Petersdom für die Katholiken, so ist auch die Hagia Sophia für orthodoxe Christen auf der Welt ein wichtiges Symbol.
Kritik kam nach der Umwandlung in eine Moschee daher vor allem von der griechisch-orthodoxen Kirche. Die Unesco bemängelte damals zudem, dass die Entscheidung ohne Rücksprache gefallen sei. Für Erdogan dagegen war die Umwidmung ein "Jugendtraum", wie er selbst sagte, und zudem ein Zugeständnis an seine religiöse Klientel. Äußerliche Änderungen wurden damals vorgenommen, etwa wurde ein grüner Teppich über den Marmorboden gelegt.
Besucher aus der ganzen Welt
Der Beliebtheit des Monuments hat das offenbar keinen Abbruch getan. Rund 13,6 Millionen Menschen besuchten die Hagia Sophia nach offiziellen Angaben im Jahr 2022. Dabei kommen nicht nur Touristen aus Europa. Vor allem die Besucherzahlen aus Indonesien hätten zugenommen, sagte der Imam der Hagia Sophia, Bünyamin Topuoglu, der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu im Sommer. Oft besuchten Gläubige vor ihrer Pilgerreise nach Mekka noch Istanbul und die Hagia Sophia.
25 Euro sollen Touristen künftig für den Besuch der Hagia Sophia zahlen, schrieb die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu am Freitag. Die Einnahmen würden, so versichert Minister Ersoy, wieder für Kulturgüter ausgegeben. Etwa für Ausgrabungen oder den Erhalt von Monumenten wie der Hagia Sophia.