Das Erzbistum Berlin, die Bistümer Dresden-Meißen und Görlitz sowie das Katholische Militärbischofsamt kooperieren bei der Aufarbeitung von Fällen sexuellen Missbrauchs. Sie rufen Betroffene aus ihren Zuständigkeitsbereichen zur Mitwirkung an einem gemeinsamen Betroffenenbeirat auf, wie die Bistümer am Donnerstag mitteilten. Die Ausschreibung findet sich auf den Internetseiten der Diözesen und der Katholischen Militärseelsorge, deren Zentrale in Berlin angesiedelt ist. Bei einer weiteren Kommission des Erzbistums Berlin gab es wegen einer möglichen Befangenheit einen Rücktritt.
Über die Auswahl der Mitglieder des Betroffenenbeirats entscheidet ein Gremium, dem vier Personen im kirchlichen Dienst, vier unabhängige Expertinnen und Experten und eine Betroffene angehören. Missbrauchsopfer sollen so am Aufarbeitungsprozess "maßgeblich beteiligt" werden, erklärten die Bistümer. Aufgrund ihrer Erfahrungen könnten sie auch die Arbeiten im Bereich Prävention und Intervention wirksam begleiten.
Aufarbeitungskomission mit Regierungsexperten geplant
Geplant ist auch eine Kommission zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs. Ihr sollen - neben entsandten Mitgliedern des Betroffenenbeirats - Experten aus Wissenschaft, Fachpraxis, Justiz und öffentlicher Verwaltung sowie Vertretern der beteiligten Institutionen angehören. Die für den jeweiligen Bereich der (Erz-)Bistümer zuständigen Landesregierungen werden demnach gebeten, Experten zu entsenden, um die Unabhängigkeit der Kommission zu gewährleisten. Ziel sei es, einen "stringenten Prozess der Aufarbeitung" zu ermöglichen und durchzuführen.
Kooperationen bei den Betroffenenbeiräten gibt es auch zwischen anderen Diözesen. Einen ähnlichen Aufruf zur Mitwirkung starteten im Januar das Erzbistum Hamburg mit den Bistümern Hildesheim und Osnabrück sowie vor zwei Wochen die Bistümer Fulda, Limburg und Mainz. Für das Ausschreibungs- und Besetzungsverfahren hat die Deutsche Bischofskonferenz in Abstimmung mit dem Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs 2020 eine Rahmenordnung entwickelt.
Gutachten bescheinigte viele "Missstände"
Ein Ende Januar veröffentlichtes Gutachten hatte dem Erzbistum Berlin viele "Missstände" beim Umgang mit sexuellem Missbrauch durch Seelsorger bescheinigt. Laut der vom Erzbistum in Auftrag gegebenen Studie der Kanzlei Redeker Sellner Dahs sind dem Erzbistum 61 beschuldigte Kleriker aus der Zeit zwischen 1946 und 2020 bekannt sowie mindestens 121 betroffene Kinder und Jugendliche.
Für die Bewertung der Fälle der 61 beschuldigten Kleriker, die nicht veröffentlicht wurden, berief das Erzbistum eine Gutachten-Kommission aus jeweils drei Vertretern des Diözesanrats, dem höchsten Laiengremium, und des Priesterrats. Wie das Erzbistums bekanntgab, trat Domvikar Matthias Goy bei der ersten Sitzung zurück, weil er im unveröffentlichten Teil des Gutachtens am Rande genannt worden sei. Dies sei erfolgt, damit "der Kommission durch seine Mitarbeit keine von Außenstehenden und der Öffentlichkeit befürchtete Beeinflussung vorgeworfen werden kann".