Das vom Kirchenoberhaupt Metropolit Epiphanius geführte Leitungsgremium (Heiliger Synod) entzog am Montag dem 90-jährigen Ehrenpatriarchen die Verwaltung der Diözese Kiew, weil er vergangene Woche gemeinsam mit Geistlichen eine Wiederbelebung des Kiewer Patriarchats beschlossen hatte. Angesichts seiner besonderen Verdienste in der Vergangenheit behalte Filaret aber seine Bischofswürde, teilte die vor einem halben Jahr gegründete Kirche mit. Damit verliert der Ehrenpatriarch seine Rechte und Pflichten gegenüber den Pfarreien und Klöstern in der Hauptstadt Kiew. Örtliche Medien hatten auch über einen Ausschluss aus der Kirche spekuliert.
Die "Orthodoxe Kirche der Ukraine" war im Dezember 2018 durch die Vereinigung des Kiewer Patriarchats mit einer kleineren ukrainischen Kirche entstanden. Auch zwei Bischöfe der zum Moskauer Patriarchat gehörenden ukrainisch-orthodoxen Kirche schlossen sich ihr an.
Kritik an Epiphanius
Filaret hatte Epiphanius in den vergangenen Monaten massiv kritisiert. Es sei ein Fehler gewesen, dass er den 40-Jährigen den Bischöfen als Kirchenoberhaupt vorgeschlagen habe. Der Metropolit verletze die angeblich bei der Kirchengründung getroffene Vereinbarung, dass er - Epiphanius - die Kirche im Ausland vertrete, aber Filaret in der Ukraine. Das 1992 geschaffene Kiewer Patriarchat existiere weiter, und er bleibe Patriarch, so Filaret.
Der Heilige Synod erklärte, Filaret sei ohne triftigen Grund der Sitzung ferngeblieben. Alle Beschlüsse des Kiewer Patriarchats seit der staatlichen Registrierung der neuen Kirche am 30. Januar seien ungültig. Das Ökumenische Patriarchat von Konstantinopel hatte sich in der ukrainischen Machtprobe hinter Epiphanius gestellt. Auch in der Bevölkerung genießt der Metropolit laut einer Umfrage vom Mai mehr Sympathien als der ehemalige Patriarch. Vor seiner Wahl zum Kirchenoberhaupt im Dezember war Epiphanius einer der engsten Mitarbeiter Filarets.
Patriarch Filaret war bis 2018 laut Meinungsforschern der angesehenste ukrainische Geistliche. 43 Prozent der Ukrainer vertrauten ihm bei einer Umfrage des Razumkow-Zentrums; 20 Prozent hatten kein Vertrauen zu ihm.