DOMRADIO.DE: Sie sind in Ihrem neuen Amt sozusagen der Außenminister der Evangelischen Kirche in Deutschland. Um welche internationalen Beziehungen geht es bei Ihrer Arbeit?
Frank Kopania (Leiter der Auslandsabteilung im Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und künftiger Auslandsbischof der EKD sowie Leiter der Abteilung "Ökumene und Auslandsarbeit" des Kirchenamtes der EKD): Es geht um alle internationalen Beziehungen der evangelischen Kirche in Deutschland weltweit. In allen Kontinenten, in Nord-, Mittel-, Südamerika, Afrika, Asien und Australien, überall haben wir Partnerkirchen. Denn anders als die katholische Kirche, die sich als Weltkirche versteht und auch organisiert hat, ist das im evangelischen Bereich nicht so.
Das heißt, wir haben lutherische, unierte, reformierte Partnerkirchen in fast allen Ländern, mit denen wir eng zusammenarbeiten. Das ist eine der wesentlichen Aufgaben, das mit zu organisieren, zusätzlich zu den Auslandsgemeinden, zu den entsandten Pfarrern und zu den ökumenischen Organisationen.
DOMRADIO.DE: Sind die Beziehungen zu allen etwa gleich oder läuft es mit den einen gut, mit den anderen eher zäh?
Koponia: Es läuft mit den einen besser, mit den anderen herausfordernder. Das liegt unter anderem an den inhaltlichen Ausrichtungen der Kirchen. Wir haben sehr konservative Kirchen, wir haben Kirchen im protestantischen Bereich, die keine Frauen ordinieren. Wir haben Kirchen, die sich zur Frage der Gleichberechtigung, zu Fragen der LGBTQIA+-Bewegung konservativer oder liberaler gestalten. Wir haben politische Voraussetzungen in Ländern, die ausgesprochen unterschiedlich sind.
Außerdem sind Kirchen immer auch ein Spiegel der Gesellschaft, in der sie leben und arbeiten. Entsprechend wird es mal spannender und ein bisschen rauer und mal auch ein bisschen leichter. Das kann sich aber auch ändern. Das ist eine dynamische Entwicklung, in der wir da mit allen Kirchen zusammenarbeiten.
DOMRADIO.DE: In den 100 Auslandsgemeinden der EKD sind Sie für die "Expats", die vorübergehend im Ausland arbeiten, aber auch für deutschsprachige Residenten zuständig. Das klingt nach einem sehr hohen Finanzierungsaufwand für die evangelische Kirche. Wieso leistet sich die EKD diesen Service?
Koponia: Da sie deutschsprachige Menschen weltweit betreut. Das ist in der Grundordnung der EKD auch so vorgesehen. Menschen, die auf Zeit im Ausland sind, bekommen oftmals erst im Ausland wieder einen Zugang zur Kirche, der in Deutschland vielleicht eher loser war. Deutsche Sprache, deutsche Kultur und Religion sind im Ausland sehr stark verknüpft. Menschen kommen zu diesen Gemeinden, gründen Gemeinden und wenden sich dann an die EKD, mit der Bitte, sie pastoral zu unterstützen.
Das organisieren wir weltweit mit einem Gesamtvolumen von neun Millionen Euro. Das heißt, das sind weniger als fünf Prozent des gesamten EKD-Haushaltes. Aber wir denken, dass es eine gut angelegte Arbeit ist, Menschen auch spirituell, geistlich im Ausland zu begleiten.
DOMRADIO.DE: Sie waren in Florida schon mal einige Jahre als Assistenz des Bischofs an zehn Standorten verantwortlich für die deutschsprachige kirchliche Arbeit in Florida. Damals hieß der Präsident Barack Obama, heute ist es zum zweiten Mal Donald Trump. Wie sehen die deutschsprachigen "Expats" diese aktuelle Politik? Und wie blicken Sie darauf? Sie leben ja auch auf beiden Kontinenten.
Koponia: Das ist nur sehr schwer auszuhalten, zumal auch die Demokratie an sich in den USA selber schwer unter Druck steht. Das Rechtssystem wird massiv zu beeinflussen versucht, die Meinungsfreiheit ebenfalls. Denken wir nur, wie mit der anglikanischen Bischöfin in Washington umgegangen wurde, als sie den US-Präsidenten um Erbarmen gebeten hat. Das muss man sich mal vorstellen. Das ist sehr, sehr schwer auszuhalten.
Menschen befürchten, dass der amerikanische Staat in seiner jetzigen Konstruktion wirklich Schaden nehmen wird. Und international wird sich die USA aus meiner Überzeugung keinerlei Gefallen damit tun, dass sie eine derart disruptive Außenpolitik führt, unter anderem auch, was die Unterstützung von sehr vielen Programmen internationaler Organisationen angeht. Das ist eine sehr schwere Zeit.
DOMRADIO.DE: Der 1. Juli ist ihr erster offizieller Arbeitstag. Gleichzeitig ist es der erste Tag, an dem die US-Auslandshilfe nicht mehr gezahlt wird. Die USAID wird es nach 60 Jahren nicht mehr geben. Wie denken Sie darüber?
Koponia: Ich bin normalerweise nicht für Dramatisierungen bekannt, aber dass die USAID ihre Arbeit einstellt, ist tatsächlich ein weltweites Drama. Das kann man sich in seinem Ausmaß eigentlich überhaupt noch nicht vorstellen.
Es geht nicht nur um einzelne Hilfsprojekte in bestimmten Ländern, sondern davon betroffen sind Ausbildungsprojekte, Schulprojekte, ganze Impfprojekte in Ländern des globalen Südens. Davon sind Krankenhäuser betroffen und so weiter und so fort.
Keiner der anderen Organisationen, die international arbeiten, werden dieses enorme Engagement von USAID auffangen können. Hier stehen wirklich viele Menschenleben auf dem Spiel. Wir versuchen mit unseren Organisationen in unterschiedlicher Weise zu unterstützen. Aber der Wegfall von USAID ist wirklich ein großes Drama und eine Katastrophe.
Das Interview führte Tobias Fricke.