Neuer Kölner Fachbereichsleiter Kirchenmusik stellt sich vor

Mit Kreativität für die Kirchenmusik werben

Er ist der Ansprechpartner für die Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker. Michael Utz ist der neue Fachbereichsleiter im Erzbistum Köln. Aus seiner langen Berufserfahrung weiß er, wo die Probleme und Chancen der Kirchenmusik liegen.

Autor/in:
Mathias Peter
Neuer Leiter der Kirchenmusik im Erzbistum Köln: Michael Utz / © Mathias Peter (DR)
Neuer Leiter der Kirchenmusik im Erzbistum Köln: Michael Utz / © Mathias Peter ( DR )

DOMRADIO.DE: Sie waren seit 2003 Kantor an der Abteikirche Brauweiler und seit 2022 Regionalkantor im Rhein-Erft-Kreis. Jetzt zum 1. September haben Sie das Dirigentenpult und den Orgelbock eingetauscht gegen einen Schreibtisch im Generalvikariat in Köln. Wie haben Sie denn die ersten Tage in Ihrem Amt erlebt? 

Michael Utz (Fachbereichsleiter Kirchenmusik im Erzbistum Köln): Die ersten Tage im Amt waren natürlich sehr aufregend für mich, weil es ein komplett neuer Arbeitsbereich für mich ist. Ich habe jetzt ein eigenes Büro, in dem ich arbeite. Ich muss Vorgänge kennenlernen, die natürlich auch gewissen Strukturen einer Verwaltung geschuldet sind. Ich muss Menschen kennenlernen, was sehr positiv gewesen ist. Ich habe viele neue Personen kennengelernt, die mir sehr aufgeschlossen und freundlich gegenüber aufgetreten sind. Ich habe viele neue Eindrücke und ich muss sagen, dass ich es nicht bereue. Ich freue mich auf die weitere Zeit. 

DOMRADIO.DE: Sie kommen gerade aus einer aufregenden Zeit: In Ihrer bisherigen Aufgabe gab es die Feierlichkeiten zu der 1000-jährigen Gründung der Abtei Brauweiler, da waren Sie für viele Konzerte und Gottesdienste für die Gestaltung zuständig. Wie stark war denn jetzt dieser Wechsel vom aktiven Musiker zum Schreibtisch? 

Brauweiler (DR)
Brauweiler / ( DR )

Utz: Das ist ein abrupter Wechsel, das ist ganz klar. Ich würde es nicht ganz so hart formulieren. "Vom aktiven Musiker zum Schreibtisch", das hört sich so an, als würde ich gar keine Musik mehr machen.  Das wird nicht der Fall sein. 

Michael Utz

"Wir konnten ganz tolle Projekte musikalisch auf die Beine stellen."

1000 Jahre Abtei Brauweiler waren jetzt ein herausragendes Ereignis der letzten Wochen und Monate. Ich habe da wahnsinnig viel investiert und wir konnten ganz tolle Projekte musikalisch auf die Beine stellen bis in die letzte Woche hinein. Ich habe immer gesagt, dass ich gehen möchte, wenn es am schönsten ist. Und das ist jetzt eigentlich genau der Fall. 

Ich verlasse Brauweiler mit einer Blüte an kirchenmusikalischem Leben, muss ich sagen. Aber ich habe mich für diesen Schritt entschieden und gehe auch guten Gewissens und bin jetzt in meiner neuen Aufgabe, die natürlich viel Schreibtischarbeit erfordert. 

Aber ich freue mich auch auf viele Begegnungen mit den Kolleginnen und Kollegen, auf viele Gespräche, auf viele Projekte, die ich vielleicht anstoßen kann. Und ich freue mich darauf, dass ich jetzt einfach mal in ein anderes Berufsfeld eintauche. 

Was die Schreibtischarbeit angeht - das hatte ich vorher auch. Das ist immer so ein verklärtes Bild eines Kirchenmusikers, der nur auf der Orgelbank sitzt und sonntags Orgel spielt, ab und zu mal eine Chorprobe leitet. Ich bin auch in der letzten Zeit oder überhaupt in all meinen Berufsjahren als aktiver Kirchenmusiker sehr viel mit Schreibtischarbeit, Verwaltung, Organisation befasst gewesen. 

DOMRADIO.DE: Die musikalische Situation in der Abtei ist sehr gut. Es gibt dort eine blühende Chorlandschaft, gute Orgeln ... Was hat denn für Sie den letzten Anstoß gegeben zu sagen, etwas völlig anderes zu machen und nach ungefähr 20 Jahren da weg zu gehen? 

Utz: Ich habe mir in den letzten über 20 Jahren sehr viel aufgebaut in der Abtei, mit den beiden neuen Orgeln, mit einer wirklich blühenden Chorlandschaft, die auch beispielhaft ist, wie ich ganz bescheiden anmerken darf. 

Für mich war der ausschlaggebende Punkt, dass ich jetzt seit fast 21 Jahre da tätig bin und ich für mich selber überlegt habe, ob ich das die nächsten 17 Jahre meines Berufslebens auch noch machen möchte, um dann nach 37 Jahren an einer einzigen Stelle in den Ruhestand zu gehen? Oder wage ich noch mal einen beruflichen Neuanfang? Da es jetzt genau passte, dass Richard Mailänder (bisheriger Leiter und Erzdiözesankirchenmusikdirektor des Erzbistums Köln, Anmerk. d. Red.) in Ruhestand gegangen ist, war das eigentlich für mich eine gute Option zu sagen: "Mensch, auf die Stelle bewerbe ich mich. Da habe ich wirklich Lust drauf, noch mal was Neues anzufangen und vielleicht in diesen 17 Jahren auch inhaltlich noch mal neu was zu bewirken". 

Ein weiterer Grund war, dass ich keinen Ortswechsel wollte, sondern wir wollten gerne in Brauweiler wohnen bleiben. Das wäre mit einem Wechsel auf eine andere Kirchenmusikerstelle nicht möglich gewesen. Und so war das für mich eigentlich ideal, mich darauf zu bewerben. 

Erzbischöfliches Generalvikariat Köln / © Alexander Foxius (DR)
Erzbischöfliches Generalvikariat Köln / © Alexander Foxius ( DR )

DOMRADIO.DE: Es ist eine Binse - die katholische Kirche befindet sich im Wandel, im Wechsel. Wo sehen Sie die größten Herausforderungen jetzt für den Beruf der Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker? 

Utz: Die größte Herausforderung ist erst einmal, was sich jetzt auch schon abzeichnet, der eklatante Nachwuchsmangel, den wir in der Kirchenmusik haben. Schon jetzt ist es der Fall, dass wir Vollzeitstellen nicht besetzen können. Schlicht und ergreifend, weil keine Menschen da sind, die sich auf diese Stellen bewerben. 

Das hat mehrere Gründe. Immer weniger junge Menschen entscheiden sich für den Beruf eines Kirchenmusikers, einer Kirchenmusikerin. Die Zahlen an den Musikhochschulen gehen zurück. Nicht nur in der Kirchenmusik, auch andere Bereiche haben da Probleme - wenn man beispielsweise in die Schulmusik guckt. Auch da werden dringend Lehrkräfte benötigt. 

Micahel Utz

"Da müssen wir einfach in der Zukunft kreativ sein, überlegen, wie wir das Berufsbild für diejenigen attraktiv gestalten, die in der Kirchenmusik tätig sind."

Zum anderen kommt, dass immer mehr Kolleginnen und Kollegen in den Ruhestand eintreten. Die Babyboomer "schlagen voll durch"; und so haben wir wirklich das Problem, Stellen zu besetzen. Da müssen wir einfach in der Zukunft kreativ sein, überlegen, wie wir das Berufsbild für diejenigen attraktiv gestalten, die in der Kirchenmusik tätig sind? Und wie können wir es schaffen, eventuell auch Menschen in die Kirchenmusik zu bringen, die nicht originär Kirchenmusik studiert haben, die vielleicht als Sänger ausgebildet sind, als Chorleiter, als Gesangspädagogen? Wie bekommen wir die in der Kirchenmusik unter? 

DOMRADIO.DE: Also Stichwort "Quereinsteiger". Nun gibt es ja auch das Phänomen, dass manchmal die Kirchenmusiker in den Schuldienst wechseln, also dass sie einen anderen Weg gehen. Haben Sie da schon eine Idee, wie man vielleicht den Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusikern, die jetzt im kirchlichen Dienst sind, das berufliche Leben noch etwas besser gestalten kann? 

Orgelpfeifen / © Christopher Beschnitt (KNA)
Orgelpfeifen / © Christopher Beschnitt ( KNA )

Utz: Aus vielen Gesprächen mit Kolleginnen und Kollegen weiß ich, dass viele über Belastungen durch Organisation, Verwaltung klagen. Das ist in der Tat in den letzten Jahren immer mehr geworden. Wenn wir von Kirchenmusik sprechen, immer nur zu sprechen über Strukturen, über Verwaltung, über Organisation ... 

Der musikalische Mensch, der spirituelle Mensch, der ein Kirchenmusiker oder eine Kirchenmusikerin ja auch ist, der muss etwas mehr in den Vordergrund geraten. Und bei immer mehr jungen Menschen stellt sich die Frage nach einer Work-Life-Balance, die damals für meine Generation noch nicht so unbedingt im Vordergrund standen. 

Michael Utz

"Der musikalische Mensch, der spirituelle Mensch, der ein Kirchenmusiker oder eine Kirchenmusikerin ja auch ist, der muss etwas mehr in den Vordergrund geraten."

Aber wir müssen das einfach anerkennen und das ist auch wichtig. Da denke ich, gibt es einiges, was wir im Bereich der Kirchenmusik noch tun können, damit diese Work-Life-Balance für junge Menschen in der Kirchenmusik einfach auch gegeben ist. 

DOMRADIO.DE: Sie haben es eben schon angedeutet - das aktive Musikmachen können und wollen Sie nicht aufgeben? 

Utz: Nein, ich will das auf keinen Fall aufgeben. Ich leite seit 15 Jahren den städtischen Chor Leverkusen. Eine Aufgabe, die ich mit großer Freude beibehalten werde. Ich bin relativ gut vernetzt in der Orgelszene, spiele Orgelkonzerte. Auch das möchte ich beibehalten. 

Und ich bin weiterhin für den "Freundeskreis Abtei Brauweiler" als künstlerischer Leiter tätig und betreue dort die beiden Festivals "Musica Sacra Nova" und das Open-Air-Festival "Classic Nights". 

DOMRADIO.DE: Auf was freuen sich denn jetzt so die nächsten Wochen und Monate in Ihrer neuen Aufgabe? 

Utz: Ich freue mich darauf, viele Kolleginnen und Kollegen hier im Bistum kennenzulernen, die ich bislang noch nicht kenne. Ich freue mich auch darauf, meine Kollegen deutschlandweit kennenzulernen, die in den ähnlichen Positionen sitzen. Ansonsten freue ich mich auf einen neuen Berufsalltag, den ich, da muss ich mir nichts. Vormachen, bislang so noch nicht kenne. Aber das wird spannend und herausfordernd für mich. 

Das Interview führte Mathias Peter. 

Das Gespräch wird am Sonntagabend in der Sendung "Musica" ab 20 Uhr im Radioprogramm von DOMRADIO.DE ausgestrahlt.

 

Quelle:
DR