Neuer Vorsitzender des Katholikentag-Trägervereins hat Pläne

"Eine sinnvolle Veranstaltung ermöglichen"

Der Rechtsanwalt Jan Helge Kestel hat jüngst erst den Vorsitz des Trägervereins für den Katholikentag in Erfurt übernommen. Viel Zeit bis zum Start Ende Mai bleibt nicht. Insofern sieht er einige Herausforderungen in naher Zukunft.

Erfurter Straßenbahn macht Werbung für den Katholikentag 2024 / © Dominik Wolf (KNA)
Erfurter Straßenbahn macht Werbung für den Katholikentag 2024 / © Dominik Wolf ( KNA )

DOMRADIO.DE: Mit welchen Erwartungen werden Sie denn Ihre neue Aufgabe als Vorsitzender des Trägervereins angehen?

Jan Helge Kestel / © Michael Kremer (snapart)
Jan Helge Kestel / © Michael Kremer ( snapart )

Jan Helge Kestel (Rechtsanwalt, Präsident der Rechtsanwaltskammer Thüringen und Vorsitzender des Trägervereins des Deutschen Katholikentags): Zunächst einmal ist es natürlich immer schwierig, wenn man am Ende eines Marathons sozusagen für die letzten 100 Meter den Staffelstab übernimmt. Das ist eine Herausforderung.

Insofern liegt meine Aufgabe im Wesentlichen darin, nach den Konflikten hoffentlich in ruhigeres Fahrwasser zu kommen und weitestgehend eine gute und nachhaltige Veranstaltung hier in Erfurt sicherzustellen und zu begleiten und meinen Beitrag dazu zu leisten, dass wir das auf die Beine stellen können. 

DOMRADIO.DE: Sie sind Anwalt und auch Präsident der Rechtsanwaltskammer Thüringen sowie Sprecher des Thüringer Schlichtungsbeirats. Es gab Kritik auch vom ehemaligen Erfurter Oberbürgermeister Manfred Ruge, Ihrem Vorgänger als Vorsitzender des Trägervereins des Deutschen Katholikentags, dass der Erfurter Katholikentag zu wenig Ostbezug habe. Da wurde ihm wieder vorgeworfen, dass er in seinem Tun und Handeln Kompetenzen überschritten habe. Wie sieht das denn nun aus? Ist dieser Streit jetzt beigelegt oder ist auch Ihre Funktion als Schlichter immer noch gefragt? 

Jan Helge Kestel

"Es ist ein Lernprozess auf allen Seiten."

Kestel: Ich denke, es gab im Zusammenhang mit dieser Auseinandersetzung eine Vielzahl von persönlichen Verletzungen auf beiden Seiten der beteiligten Protagonisten, die aus meiner Sicht, soweit ich jetzt mit allen Beteiligten gesprochen habe, immer von dem Bestreben getragen waren, das Bestmögliche für den Katholikentag zu erreichen.

Ich glaube, es ist ein Lernprozess auf allen Seiten, insbesondere auch bei denjenigen, die den Katholikentag über viele Stationen begleiten. Insofern glaube ich, dass viele der Kritikpunkte, die angesprochen worden sind, nicht unberechtigt waren. Aber sie sind, soweit ich das bis jetzt in der Kürze der Zeit überblicken kann, auch durchaus aufgegriffen worden und jedenfalls zum Teil umgesetzt.

Es gibt nach wie vor in der Programmgestaltung ein paar weiße Flecken, die auch ganz bewusst freigehalten worden sind. Ich denke, es ist auch noch Gelegenheit, diese Dinge aufzugreifen. Aber man kann jetzt schon sagen, auch wenn das offizielle und finale Programm erst Anfang März veröffentlicht wird, dass die Kritik ihre Wirkung gezeigt hat. Insofern war es gut und richtig, dass man auf diese Punkte eingegangen ist. 

DOMRADIO.DE: Welche besonderen Qualifikationen bringen Sie denn noch mit? Bevor Sie in die Juristerei gegangen sind, haben Sie eine handwerkliche Ausbildung zum Silberschmied absolviert. Eignet Sie das also auch in besonderer Weise für den Vorsitz des Trägervereins, wenn es hier um das Tafelsilber des Erfurter Katholikentags geht? 

Jan Helge Kestel

"Erfurt ist ein kleines Bistum mit nicht ganz so großen Mitteln."

Kestel: Diese Ausbildung ist schon sehr lange her und das ist in der Tat wahrscheinlich nicht miteinander in Verbindung zu bringen. Aber Sie sprechen hier natürlich einen wesentlichen Punkt an, der ja auch im Zuge der Auseinandersetzung eine Rolle gespielt hat: die Frage der Finanzierung.

Man darf nicht vergessen, Erfurt ist ein kleines Bistum mit nicht ganz so großen Mitteln. Das heißt, wir sind auch auf die Zuschüsse von Bund, Land und der Kommune angewiesen und natürlich auch auf die Mitwirkung der anderen Bistümer an einem solchen Katholikentag.

Selbstverständlich ist es jetzt auch meine Aufgabe als Vorsitzender des Trägervereins darauf zu achten, dass die Finanzierung am Ende einen Rahmen ermöglicht, der dem Ganzen insgesamt angemessen ist und eine sinnvolle Veranstaltung ermöglicht. 

DOMRADIO.DE: Katholiken in Thüringen bilden mit etwas mehr als sieben Prozent eine eher kleine Gruppe in der Gesellschaft. Aber auch diese Gruppe ist sicherlich von den Auseinandersetzungen mit der AfD betroffen. Die AfD gilt im Freistaat Thüringen als einerseits besonders stark bei den Wählern, aber auch als besonders rechtsextrem. Jetzt sind am 1. September Landtagswahlen. Wie werden Sie das auf dem Katholikentag aufgreifen? Die Zeichen in Thüringen stehen ja auch jetzt schon auf Landtagswahlen. 

Kestel: Das ist korrekt. Insofern ist ein solcher Katholikentag eben nicht nur ein Fest des Glaubens, sondern auch eine gesellschaftspolitische Veranstaltung. Das ist ja nicht nur in Thüringen oder in Erfurt so, das war er auch beim letzten Katholikentag in Stuttgart. Und so wird es mit Sicherheit auch beim nächsten in Würzburg sein.

Insofern werden eine Vielzahl von politischen Vertretern und gesellschaftlich relevanten Vertretern beim Katholikentag sprechen. Die Auseinandersetzung mit den extremen Positionen in unserer Gesellschaft spielt da sicherlich eine Rolle.

Nach meinem derzeitigen Kenntnisstand sind allerdings Vertreter der AfD nicht eingeladen und ich denke, es ist auch gut, sich da deutlich abzugrenzen.

Meine persönliche Meinung ist in der Tat, dass wir extremistischen Bestrebungen deutliche Gegenwehr entgegenbringen müssen. Deswegen bin ich froh, dass sich auch der Katholikentag, also das Zentralkomitee und auch das Bistum, an dem Bündnis für ein Weltoffenes Thüringen beteiligt. Das ist meine ganz persönliche Meinung. Ich denke, da müssen wir Flagge zeigen und sollten da auch klare Worte finden.

Jan Helge Kestel

"Katholikentag ist [...] nicht nur ein Fest des Glaubens."

DOMRADIO.DE: Heute spricht man immer sehr gerne von Nachhaltigkeit. Was soll denn der Erfurter Katholikentag für die Menschen in Thüringen nachhaltig hinterlassen? 

Kestel: Mein Wunsch wäre, dass man die Werte des Katholizismus oder überhaupt des christlichen Menschenbilds und was sie für unsere Gesellschaft bedeuten, wahrnimmt und zur Kenntnis nimmt und dass die Bedeutung, die unser christliches Verständnis für die Gesellschaft hat, an der richtigen Stelle ankommt.

Ich würde mir wünschen, dass nicht nur die sicher kritikwürdigen Dinge, die jetzt sowohl in der katholischen als auch in der evangelischen Kirche – wir haben es in den letzten Tagen gerade gehört – auf dramatische Weise immer wieder Anlass zur Kritik und zur Sorge bieten, im Fokus stehen, sondern mehr die Werte, die letztlich auch dazu führen, dass katholische Schulen, freie Schulen, katholische Kindergärten gerade auch hier im Osten mit langen Wartelisten bestückt sind. Die Menschen schätzen die Werte, die dort vermittelt werden.

Ich denke, das kann man auch transportieren und sollte man transportieren. Wenn der Katholikentag dazu beiträgt, dass man Kirche nicht als etwas Fremdes betrachtet, sondern gerade hier im Osten auch als Bestandteil der Gesellschaft, dann wäre das schon ein Erfolg. 

Das Interview führte Jan Hendrik Stens.

Katholikentage

Deutsche Katholikentage sind Treffen, bei denen sich die Kirche mit ihren Verbänden und Institutionen über mehrere Tage der Öffentlichkeit präsentiert. Sie finden in der Regel alle zwei Jahre in wechselnden Städten statt.

Bei Katholikentagen diskutieren zehntausende Christen über kirchliche und gesellschaftspolitische Themen und feiern Gottesdienste. Veranstalter ist das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK); Gastgeber ist die jeweilige Diözese des Austragungsortes.

Flyer und Becher mit Bleistiften des 102. Deutschen Katholikentags in Stuttgart / © Gerhard Baeuerle (epd)
Flyer und Becher mit Bleistiften des 102. Deutschen Katholikentags in Stuttgart / © Gerhard Baeuerle ( epd )
Quelle:
DR