DOMRADIO.DE: Sie sind nicht nur Wallfahrtsleiter, sondern außerdem leitender Pfarrer von Sankt Marien in Kevelaer. Sie waren vorher in Ibbenbüren im Tecklenburger Land. Wie gut kennen Sie schon den Niederrhein?
Pfarrer Stefan Dördelmann (Neuer Wallfahrtsrektor in Kevelaer): Einigermaßen, weil ich schon mal zehn Jahre Pastor in Kevelaer, in Geldern war und auch 1986 ein Jahr Diakon in Sankt Antonius war, genau in dem Jahr, bevor die neu errichtete Kirche wieder eingeweiht wurde.
DOMRADIO.DE: Sie sind Nachfolger von Pfarrer Gregor Kauling als Wallfahrtsrektor in Kevelaer. Wie ist das Gefühl bei Ihnen knapp eine Woche vor dem Start der Pilgerzeit?
Dördelmann: Ich habe immer den Eindruck, dass es in Kevelaer zwei Saisons gibt. Es ist einmal die Zeit für die Gemeinde, ganz besonders an Weihnachten, Ostern, in der Fastenzeit und so weiter. Und die zweite Saison ist dann die Wallfahrtszeit. Ich spüre richtig, dass nicht nur äußerlich vieles vorbereitet wird, der ganze Platz hergerichtet und geschmückt wird, sondern dass sich alle auch im Bereich Musik, im Haus und in der Gemeinde vorbereiten und sich riesig freuen. Bei mir ist das genauso.
DOMRADIO.DE: Welche Ideen bringen Sie für diese Pilger-Saison in Kevelaer mit?
Dördelmann: Zwei Kollegen sind gemeinsam mit mir hierhin gekommen. Als ich vom Bischof gefragt wurde, ob ich diese Aufgabe übernehmen würde, habe ich mir gesagt, dass das ein Ort ist, wo man Menschen trifft, die mit einem Anliegen kommen. Das ist etwas Besonderes: Hier gibt es eine Aufmerksamkeit, eine Offenheit. Die Menschen sollen mit Gastfreundschaft, mit Liebenswürdigkeit und mit dem neuen Motto "Geh mit uns" in Berührung gebracht werden.
Es ist Jesus, der mit den Menschen mitgeht und es ist Maria, die bei Jesus geblieben ist, als es hart wurde. Das sind Vorbilder und Dinge, die gut tun. Das will ich den Menschen auch heute vermitteln.
DOMRADIO.DE: Sie haben den Leitgedanken "Geh mit uns" aus dem Lukasevangelium gerade genannt. Von welcher Stelle im Evangelium stammt dieser Spruch genau und warum haben Sie ihn ausgewählt?
Dördelmann: Der ist nicht nur von uns ausgewählt, sondern gilt insgesamt hier in der ganzen Gegend an den verschiedensten Wallfahrtsorten. Er stammt aus einem vielleicht der schönsten Evangelien, nämlich aus dem Emmaus-Evangelium. Die Jünger waren traurig unterwegs und erst im Nachhinein haben sie gespürt, dass der, der so wohltuend bei ihnen dabei war, der war, der tot geglaubt war und doch lebt, nämlich Jesus. Ihm zu vertrauen, ist eine schöne Aufgabe. So geht es, denke ich, auch den Menschen heute, die ganz oft einsam sind und den Gedanken des Trostes haben, dass unser Gott einer ist, der auch in schweren Zeiten mitgeht.
DOMRADIO.DE: Am 1. Mai wird der Luxemburger Weihbischof Leo Wagener das Pilgerportal der Kevelaer Marienbasilika öffnen. Warum ist es in diesem Jahr etwas früher?
Dördelmann: Luxemburg ist sozusagen unsere große Mutter. Wir haben ja das kleine Gnadenbild von dort. Deshalb finde ich es richtig schön, dass ein Vertreter von Luxemburg dabei sein wird. Ich freue mich sehr, ihn kennen zu lernen.
DOMRADIO.DE: Schon am Vorabend des 1. Mai steht Kevelaer ganz im Zeichen der Wallfahrt. Was haben Sie da geplant?
Dördelmann: Wir haben eine große Orgel-Renovierung hinter uns und haben voll Stolz mit Olivier Latry den Organisten von Notre Dame in Paris zu Gast. Der kann an seiner Orgel im Moment nicht, er freut sich aber sicherlich, an unserer Orgel spielen zu können. Das wird ein gewaltiges Konzert.
DOMRADIO.DE: Kevelaer gilt mit rund 800.000 Pilgern im Jahr als die zweitgrößte katholische Wallfahrtsstätte Deutschlands nach Altötting in Bayern. Was erwarten Sie in diesem Jahr?
Dördelmann: Ich erwarte, dass nach Corona viele wieder an die Beheimatung anknüpfen, einmal im Jahr doch dorthin zu pilgern, wo man sich bei der Gottesmutter aufgehoben fühlt. Und ich erwarte, dass sicher viele Einzel-Pilger kommen, aber auch viele traditionelle Gruppen, auch aus dem Erzbistum Köln.
Wir hatten neulich eine Pilgerleitertagung. 300 Leute waren dort. Da hatten wir den Eindruck, dass ganz viele in diesem Jahr so richtig durchstarten wollen.
Das Interview führte Carsten Döpp.