Der "revolutionäre Gedanke, dass jeder Mensch Bild des lebendigen Gottes ist", sei ein Impuls, "der längst noch nicht eingeholt ist in Politik und Gesellschaft". Das sagte der Erzbischof von München und Freising laut seiner Pressestelle am Sonntag in der Jesuitenkirche Sankt Michael bei einem Gottesdienst im Rahmen der Münchner Opernfestspiele. "Je mehr wir darüber nachdenken, was es bedeutet, dass der Mensch Bild Gottes ist, umso mehr sehen wir auch unseren Auftrag, unsere Möglichkeiten und Grenzen", so Marx.
Der Kardinal betonte, die ganze biblische Tradition sei "ein Nein gegenüber dem Tod". In der Betrachtung dieses Gedankens werde der Tod "umso absurder". Die Gefühle und Erfahrungen, die einen Menschen einmalig machten, "können nicht einfach ausgelöscht werden".
"Toter Punkt" kann Wendepunkt sein
Marx erinnerte an seinen Brief an Papst Franziskus, in dem er kürzlich seinen Rücktritt angeboten hatte. Darin stand die Formulierung, die Kirche sei "an einem gewissen 'toten Punkt'". Dieses auf den Jesuitenpater Alfred Delp zurückgehende Zitat sei "nicht eine Klage darüber, dass das das Ende ist". Vielmehr könne ein Wendepunkt erreicht werden, "wenn man den toten Punkt gesehen und anerkannt hat", sagte Marx.
So wie Christus müsse man "hineingehen in die Nacht des Todes, in die Finsternis", damit Verwandlung geschehen könne, erklärte der Kardinal. "Ohne Tod keine Auferstehung." Auch die Kirche dürfe nicht zurückschauen, "und meinen, im Rückblick werde die Rettung erfolgen". Diese könne nur "im Ausblick" erfolgen und im Hören auf die Stimme des Herrn.