Kinderschutzexperte Zollner gegen vorschnelles Verzeihen

Nicht einfach "Schwamm drüber"

Der Kinderschutzexperte Hans Zollner hat vor einem vorschnellen Verzeihen von Missbrauchsverbrechen gewarnt. Die Betroffenen hätten einen Anspruch auf Gerechtigkeit, sagte der Leiter des katholischen Kinderschutzzentrums CCP in Rom.

Beichtstuhl / © Julia Steinbrecht (KNA)
Beichtstuhl / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Zugleich gab Zollner zu bedenken: "In der Kirche herrscht oft die Auffassung, dass Täter nur bereuen müssten und dann Schwamm drüber", so Zollner in der neuen Ausgabe des Podcasts "Würde.Leben". Dieser wird vom Münchner Sankt Michaelsbund produziert.

Bußpraxis ernst nehmen

Es gelte aber, die eigene Bußpraxis ernst zu nehmen. Diese verlange ehrliche und tiefe Reue, ein klares Sündenbekenntnis und eine angemessene Wiedergutmachung, die der Schwere der begangenen Sünde entspreche, so der Jesuit. "Manchmal habe ich den Eindruck, beim Missbrauch vergessen wir als Kirche diesen Dreischritt, der in der Beichte jedem Katholiken vorgeschrieben ist."

Hoffnung mache ihm aber, dass immer mehr Bischöfe und Gläubige für das Thema und das mit den Taten verbundene Leid sensibel seien und sich aktiv für die Anliegen der Betroffenen einsetzten.

Mit Blick auf Kernpädophile mahnte Zollner eine ständige Kontrolle und Begleitung an. Die Psychiatrie gehe anders als vor 20 Jahren davon aus, dass sie nicht vollständig und dauerhaft therapierbar seien. Bei weniger tiefen Störungen hänge ein Behandlungserfolg vom Grad der Einsicht ab, einen Menschen zutiefst verletzt zu haben, und von der Motivation, so etwas nie wieder tun zu wollen.

Wenn Täter sich selbst hingegen als Opfer oder Verführte sähen, bleibe oft nur, diese Menschen dauerhaft wegzusperren, ihnen den Kontakt mit Minderjährigen zu verbieten und Internetzugänge zu unterbinden.

Vereinzelt "kirchliche Gefängnisse" in den USA

In den USA existierten vereinzelt "kirchliche Gefängnisse" für straffällige Missbrauchstäter aus dem Klerus, berichtete der Leiter des Kinderschutzzentrums weiter. Sie würden von einer Ordensgemeinschaft geleitet. "Das ist aufwendig, aber eine Aufgabe von Kirche und Gesellschaft, um neue Taten zu verhindern."

In solchen Einrichtungen müsse der eigene Tagesablauf dokumentiert und wöchentlich gegenüber einem Therapeuten oder Supervisor Rechenschaft abgelegt werden. Studien gingen davon aus, dass ohne eine solche Begleitung eine Rückfallquote von 50 Prozent bei Kernpädophilen bestehe, so Zollner.


 

Hans Zollner / © Francesco Pistilli (KNA)
Hans Zollner / © Francesco Pistilli ( KNA )
Quelle:
KNA
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