Bischöfe mahnen am Jahrestag des Weltkriegsendes

Niemals vergessen

Am 8. Mai vor 75 Jahren endete der Zweite Weltkrieg. Bischöfe in Deutschland rufen anlässlich des Jahrestages zu Frieden und Solidarität auf. Kardinal Woelki betet für die "zahllosen Opfer der NS-Gewaltherrschaft".

Zerstörtes Dresden im Zweiten Weltkrieg (dpa)
Zerstörtes Dresden im Zweiten Weltkrieg / ( dpa )

75 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs hat der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki die Deutschen aufgerufen, ihre "besondere Verantwortung für Frieden und Völkerverständigung" nie zu vergessen.

"#niewiederkrieg", schreibt der Erzbischof am Freitag auf Twitter. "Dankbar denke ich heute an die 75 Friedensjahre, die uns geschenkt worden sind und bete zugleich für die zahllosen Opfer der NS-Gewaltherrschaft."

Heße fordert Solidarität in den europäischen Ländern

Hamburgs Erzbischof Stefan Heße hat ebenfalls an das Ende des Zweiten Weltkriegs vor 75 Jahren erinnert und zu Frieden und Solidarität aufgerufen. Er forderte Außerdem mehr Solidarität in den europägischen Ländern in der aktuellen Situation.

Der Krieg sei für die heutige Gesellschaft immer noch ein starker Bezugspunkt, sagte er in einem am Freitag auf Facebook übertragenen Videogottesdienst aus seiner Hauskapelle. "Das Gedenken an die Ermordeten und Gefallenen, an die Verwundeten und Traumatisierten, an die Vertriebenen und Leidenden vergeht nicht - egal in welcher Zeit und in welcher Situation wir uns als Gesellschaft befinden", erklärte Heße.

Warnung vor Antisemitismus

"Frieden ist nicht selbstverständlich und die Achtung der Menschenwürde leider auch nicht", betonte der Erzbischof. Er forderte mehr Solidarität der europäischen Länder, etwa bei der Flüchtlingsfrage und bei der aktuellen Corona-Pandemie.

Solche Krisen überstünden die Staaten nicht allein, sondern nur zusammen. Heße warnte auch vor einem zunehmenden Antisemitismus. Sein Erstarken müsse in der Gesellschaft "einen Alarm auslösen".

Bischof Gerber mahnt zu europäischem Zusammenhalt

Zum Ende des Zweiten Weltkriegs vor 75 Jahren hat der Fuldaer Bischof Michael Gerber zu Zusammenhalt in Europa aufgerufen.

"Die großen Herausforderungen unserer Zeit lassen sich nur in einem partnerschaftlichen und friedvollen Miteinander lösen", sagte Gerber am Freitag. Deutschland und Europa müssten in diesem Punkt klare Botschaften setzen.

Die in Europa nach zwei Weltkriegen gewachsene Freundschaft und Versöhnung nannte Gerber ein kostbares Gut, das es gegen wachsende Nationalismen zu verteidigen gelte. "Als Deutsche stehen wir mit unserer Geschichte in einer besonderen und dauerhaften Verantwortung, uns einzusetzen für die Würde des Menschen und damit für Frieden und Freiheit", betonte der Bischof.

Bischof Ipolt: Kirche muss Mitschuld am Weltkrieg eingestehen

Zum 75. Jahrestag der deutschen Kapitulation hat der Görlitzer Bischof Wolfgang Ipolt eine Mitschuld der damaligen katholischen Oberhirten in Deutschland am Zweiten Weltkrieg eingeräumt. "Versöhnung ist nur möglich, wo die Bereitschaft da ist, einen ersten Schritt zu gehen und auch eigenes Versagen einzugestehen", sagte Ipolt am Freitag bei einer deutsch-polnischen Gedenkveranstaltung auf dem Friedhof der Neißestadt.

Dazu gehöre "das Eingeständnis, dass auch unsere Vorgänger im Bischofsamt der katholischen Kirche sich nicht zu einem eindeutigen Nein zu diesem Krieg durchringen konnten und sich dadurch in gewisser Weise auch mitschuldig gemacht haben", betonte der Bischof. "Aus heutiger Sicht können wir das Verhalten unserer Vorgänger nur schwer verstehen, und es beschämt uns darum sehr." Vor allem das Verhältnis von Staat und Kirche und der daraus erwachsenden Haltungen während der Zeit des Nationalsozialismus müsse aus heutiger Sicht kritisch hinterfragt werden. Ipolt bekräftigte damit eine entsprechende Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz aus der vergangenen Woche.

Der Bischof des Grenzbistums Görlitz bezeichnete die Versöhnung der früheren Kriegsgegner als bleibenden Auftrag. Dabei sei Europa in den Jahrzehnten nach dem Weltkrieg keinen gradlinigen Weg gegangen.

Getrennt durch den Eisernen Vorhang hätten sich Ost und West lange Zeit feindselig gegenüber gestanden. Damit sei auch die Deutung des 8. Mai 1945 sehr verschieden gewesen und habe vor allem in der DDR die Versöhnung mit den Nachbarn und deutschen Geschichte erschwert.

"Inzwischen dürfen wir wohl sagen, dass wir Deutschen uns unserer schuldbelasteten Vergangenheit bereitwillig stellen und uns mit unseren Nachbarn weitgehend ausgesöhnt haben", so Ipolt.

Dresdner Bischöfe: An Krieg erinnern und Ursachen bekämpfen

Am 75. Jahrestag des Kriegsendes haben die Dresdner Bischöfe Heinrich Timmerevers und Tobias Bilz zum Gedenken der Opfer gemahnt und zum Widerstand gegen die Ursachen von Gewalt aufgerufen.

"Die Verantwortung für die Erinnerung bleibt", betonen der Bischof des Bistums Dresden-Meißen und der evangelische Landesbischof in einer gemeinsamen Erklärung. Dazu dienten Gedenkstätten und Museen, Literatur und bildende Kunst sowie vielfältige kirchliche Initiativen. Erforderlich seien auch neue Formen der Vergegenwärtigung vergangenen Leides. "Die Geschichte zeigt, dass Frieden beständige Erinnerungsarbeit bedeutet."

Beide Bischöfe warnen auch vor den Ursachen von Kriegen. "Sie sind das Ergebnis von Prozessen, die sehr viel eher beginnen", so Timmerevers und Bilz. "Verletzende Worte und Benachteiligung von Personengruppen sind erste Anzeichen für den Verlust von Nächstenliebe." Die Orientierung am eigenen Vorteil und Härte gegenüber der Not anderer bahnten den Weg für die Konflikte der Zukunft. "Hass, Menschenverachtung, Selbstbezug und unaufgearbeitete Konflikte führen dann zu Gewalt und Krieg."

Bezug zur Corona-Krise

Die gegenwärtige Coronakrise zeige jedoch, "was auf dem Weg des Friedens möglich ist, wenn Solidarität und nicht nur eigene Ansprüche im Mittelpunkt stehen". So würden Patienten aus besonders betroffenen Ländern in Deutschland behandelt. Aus Rücksicht auf besonders Gefährdete würden eigene Wünsche zurückgestellt.

Auf diese Weise könne auch Europa als Friedensprojekt gestärkt werden, heißt es in der Erklärung weiter. In diesen Tagen werde besonders bewusst, dass Europa nicht nur um wirtschaftlicher Vorteile willen verbunden worden sei. "Ziel war und ist auch die Überwindung des Nationalismus als Quelle für Konflikte und Kriege."

Der Weg des Friedens führe auch zu den Menschen in anderen Teilen der Welt, schreiben die Bischöfe. Ungezählte Menschen verlören noch immer in militärischen Auseinandersetzungen Angehörige und Lebensgrundlagen und würden in die Flucht getrieben. Dazu komme die wirtschaftliche Not in vielen Ländern, die ihre Ursache auch in den Klimaveränderungen und der ungerechten Verteilung des Wohlstandes habe. Zivile Friedens- und Freiwilligendienste, Hilfsprogramme und diplomatische Prävention könnten jedoch eine gewaltfreie Lösung von Konflikten fördern.


Rainer Maria Kardinal Woelki / © Julia Steinbrecht (KNA)
Rainer Maria Kardinal Woelki / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Erzbischof Stefan Heße / © nn (DR)
Erzbischof Stefan Heße / © nn ( DR )

Bischof Michael Gerber / © Angelika Zinzow (KNA)
Bischof Michael Gerber / © Angelika Zinzow ( KNA )

Bischof Wolfgang Ipolt / © Sven Döring (KNA)
Bischof Wolfgang Ipolt / © Sven Döring ( KNA )

Heinrich Timmerevers, Bischof von Dresden-Meißen / © David Brandt (KNA)
Heinrich Timmerevers, Bischof von Dresden-Meißen / © David Brandt ( KNA )
Quelle:
KNA