Josef Schuster plädiert für mehr Zivilcourage

"Niemand kommt als Antisemit auf die Welt"

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, fordert mehr Zivilcourage im persönlichen Umfeld. "Gerade am Stammtisch, im Freundes- und Kollegenkreis kann man sich doch, zu Wort melden", sagte Schuster.

Josef Schuster / © Harald Oppitz (KNA)
Josef Schuster / © Harald Oppitz ( KNA )

Das bedürfe auch keinen großen Mut, sagte Schuster gegenüber dem Evangelischen Pressedienst (epd) weiter. Für ihn bedeute Freundschaft auch, dass man bei antisemitischen Äußerungen "auch mal kritisch einhakt" und sage: "Weißt du eigentlich, was du da gerade von dir gegeben hast?"

Antisemiten trauen sich wieder zu sagen, was sie denken

Der Würzburger Mediziner Schuster, der seit fast sechs Jahren an der Spitze des Zentralrats steht, glaubt nicht, dass es heute mehr Rassisten oder Antisemiten gibt als früher: "Aber die trauen sich das, was sie denken, plötzlich wieder zu sagen." Er habe schon vor seiner ersten Wahl im Jahr 2014 damit gerechnet, dass er vor allem als Gesprächspartner zum Thema Antisemitismus gefragt ist: "Dennoch würde ich mich freuen, wenn das jüdische Gemeindeleben auch stärker auf Interesse stoßen würde." Er baue auf das Jahr 2021, wenn man 1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland feiern wolle.

Bildung als Mittel gegen Antisemitismus

Schuster sagte, ihm falle im Kampf gegen Antisemitismus "sehr wenig" außer Bildung ein. Zu Bildung gehörten für ihn auch Begegnungen mit jüdischen Menschen wie im Zentralratsprojekt "Meet a Jew" ("Triff einen Juden"), bei dem Juden vor allem mit jungen Menschen über ihr Judentum sprächen. Kein Mensch komme als Antisemit auf die Welt, sagte Schuster: "Also muss es in der Entwicklung einen Punkt geben, an dem einige in den Antisemitismus abdriften." Genau an diesem Punkt müsse man mit Bildung ansetzen.

Josef Schuster

Josef Schuster wurde am 20. März 1954 in der israelischen Hafenstadt Haifa geboren. Er kam als Kleinkind nach Unterfranken, wo seine Familie jahrhundertelang gelebt hatte. Sein Vater David stammte aus Bad Brückenau. 1938 zwangen die Nazis die Familie dazu, Deutschland zu verlassen, 1956 kehrten sie zurück nach Würzburg.

Josef Schuster studierte nach dem Abitur Medizin in Würzburg und ließ sich dort 1988 als Internist mit einer eigenen Praxis nieder, die der zweifache Vater bis 2020 führte. Er ist bis heute hin und wieder als Notarzt tätig.

Josef Schuster / © Harald Oppitz (KNA)
Josef Schuster / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
epd