Der Glaube des ehemaligen Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, hat durch den Krebstod seiner Tochter Meike nach eigenen Worten "Risse und Schrunden" davongetragen. Zwar habe er nach dieser kaum auszuhaltenden Erfahrung im Jahr 2005 nicht die Existenz Gottes infrage gestellt, sagte Schneider am Freitagabend auf dem evangelischen Kirchentag in Stuttgart. Er sei jedoch ins Grübeln gekommen, ob es Gott wirklich gut mit ihm meine. "Gott ist nicht der Kumpel um die Ecke", sagte Schneider. "Da gibt es auch dunkle Seiten."
"Das fand ich nicht in Ordnung"
Letzten Endes habe er das tragische Ereignis vor zehn Jahren aber nur überlebt, weil Gott ihn trotzdem gehalten habe, ergänzte Schneider, der bis 2013 auch Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland war. Das habe seinem Glauben eine neue Dimension hinzugefügt. Dennoch frage er sich manchmal: "Musste das sein?", sagte Schneider. "Wer da welche Lasten zu tragen hatte, das würde ich gerne noch mal klären, das fand ich nicht in Ordnung."
Schneiders Ehefrau Anne, die seit rund einem Jahr gegen eine Krebserkrankung kämpft, verglich ihre Beziehung zu Gott mit einer langen Ehe. Der Glaube an Gott müsse eine Mischung aus Geschenk und Beziehungsarbeit sein. "Ich darf auch mein Klagen, Fragen und Zweifeln vor Gott bringen, und nicht nur ergebene Ehrfurcht", sagte sie.
Glücklich im Moment
Nach einer Chemotherapie gehe es ihr derzeit "wunderbar", ergänzte Anne Schneider. Die Ärzte hätten ihr gesagt, dass sie vielleicht doch noch "für einen Zeitraum von fünf bis zehn Jahren planen" könne: "Ich nehme das als großes Geschenk und bin einfach glücklich im Moment."