Nobelpreisträger Juan Manuel Santos trifft Papst Franziskus

Frieden im Schnelldurchlauf

Und plötzlich geht alles ganz schnell in Kolumbien: Die Regierung peitscht das Friedensabkommen mit der FARC durch die Institutionen. Im Land aber wird weiter gekämpft. Am Freitag ist Staatspräsident Juan Manuel Santos zu Gast im Vatikan.

Autor/in:
Tobias Käufer
Kolumbiens Präsident, Juan Manuel Santos, hält eine Taube während seiner Kampagne 2014 / © Luis Eduardo Noriega (dpa)
Kolumbiens Präsident, Juan Manuel Santos, hält eine Taube während seiner Kampagne 2014 / © Luis Eduardo Noriega ( dpa )

Wenn Juan Manuel Santos in einigen Jahren einmal auf seine politische Karriere zurückblicken wird, dann wird ihm der Dezember 2016 vielleicht als seine schönste Zeit in Erinnerung bleiben. Erst die Verleihung des Friedensnobelpreises am vergangenen Samstag in Oslo, dann die mit weiteren Auszeichnungen gespickten Treffen mit zahlreichen gekrönten und ungekrönten Staatsoberhäuptern in ganz Europa - und zum Abschluss auch noch ein Treffen mit Papst Franziskus an diesem Freitag im Vatikan.

Kolumbiens Staatspräsident erntet für seine mutige Initiative für den Friedensprozess mit der linksgerichteten Guerilla-Organisation FARC die Anerkennung auf internationalem Parkett. Er selbst gibt sich selbstkritisch. "Die Volksabstimmung war ein Fehler", sagte er bei seiner Europareise mit Blick auf das verlorene Referendum über den Friedensvertrag mit der FARC. Aber zugleich sei die Niederlage auch ein Segen gewesen, der einen besseren Vertrag möglich gemacht habe.

Teile der FARC distanzieren sich vom Friedensprozess

Wenn Santos in der kommenden Woche in die südamerikanische Heimat zurückkommt, erwartet ihn wieder der harte politische Alltag. Gerade erst hat sich ein Teil der FARC-Guerilla vom Friedensprozess abgeseilt. Mindestens fünf lokale Kommandanten distanzieren sich von der neuen politischen Linie der FARC und wollen weiterkämpfen. Vor allem in der südlichen Provinz Tumaco tobt die Gewalt. Es geht um die Vorherrschaft im Drogenhandel in der Post-FARC-Ära. Und da wollen die abtrünnigen FARC-Kämpfer und rechte paramilitärische Gruppen ihre Pflöcke einschlagen.

Die Regierung erklärte die widerspenstigen FARC-Rebellen am Mittwoch zu militärischen Zielen. Santos hatte jenen Kräften bereits klargemacht, was sie erwartet, wenn sie den Guerilla-Kampf auf eigene Rechnung fortsetzen: das Gefängnis oder das Grab. Kirche und UN drängen die Santos-Regierung zu Schutzmaßnahmen für Menschenrechtler. Vor allem rechte paramilitärische Gruppen machen offenbar gezielt Jagd auf Aktivisten, die sich für Landrückgabeprojekte und gewerkschaftliche Anliegen einsetzen.

Abkommen soll schnell umgesetzt werden

Unterdessen machen die Institutionen den Weg frei für die Umsetzung des ausgehandelten Abkommens. Das Tempo ist atemberaubend. Vor ein paar Tagen noch baten die FARC-Kommandanten für das Massaker an Kommunalpolitikern in Cali öffentlich um Vergebung. Ähnliches ist für den Bombenanschlag im Club El Nogal in Bogota geplant, bei dem viele unschuldige Kinder starben. Gleichzeitig macht die FARC-Spitze Druck auf die Regierung, Haftbefehle gegen Guerilleros auszusetzen, damit die Entwaffnung beginnen kann.

Auch einen Namen für ihre künftige Partei haben die FARC-Rebellen offenbar gefunden: Als "Voces de Paz" (Stimmen des Friedens) hat sich die neue politische Bewegung beim staatlichen Wahlamt eingeschrieben. Am Donnerstag dementierte FARC-Sprecher Pastor Alape allerdings entsprechende Meldungen der kolumbianischen Medien. Inzwischen hat die Gruppe zudem die Namen der sechs Sprecher genannt, die sie in den beiden Kammern in Bogota vertreten sollen. Vielen Kolumbianern geht der Übergang von einer Terrororganisation hin zu einer politischen Partei zu schnell. In den Sozialen Netzwerken und den Kommentarforen der großen Tageszeitungen hagelt es an Kritik an dem rasenden Tempo.

Guerilla-Gruppe ELN weiter gewalttätig

Zudem ist eine andere Baustelle noch unbearbeitet. Die zweitgrößte Guerilla-Gruppe des Landes, die marxistische ELN, mordet weiter. Am Mittwoch meldeten die kolumbianischen Medien ein neues Attentat; zwei Polizisten kamen ums Leben. Die Freilassung der Geiseln, die von Santos zur Bedingung für die Aufnahme von Friedensgesprächen gemacht wurde, ist auch noch nicht über die Bühne gegangen.

Stattdessen melden kolumbianische Medien, die ELN habe bereits einen Teil der Schutzgelderpressungen der FARC übernommen. Zum Frieden ist es also noch ein weiter Weg - trotz Friedensvertrag und Nobelpreis.


Quelle:
KNA