DOMRADIO.DE: Warum ist es wichtig, jetzt weiter für die Menschen da zu sein?
Klaus Hagedorn (Koordinator der Flüchtlings- und Nachbarschaftshilfe im Erzbistum Köln): Am Anfang waren Aufräumarbeiten notwendig und da war bei den Menschen der Adrenalinspiegel sehr hoch. Und jetzt kommt so eine Phase, wo die Menschen wirklich vor ihren Trümmern stehen, im wahrsten Sinne des Wortes und nachdenken: Wie geht es denn eigentlich weiter? Und wenn die Perspektive fehlt, dann sind viele Leute so verzweifelt, dass sie wirklich Beistand brauchen. Insofern ist es auch eine urchristliche Aufgabe, jetzt da zu sein.
DOMRADIO.DE: Was ist zum Beispiel mit den Menschen, die an so einer Abbruchkante gewohnt und ihr Grundstück verloren haben? Die können gar nichts wieder aufbauen.
Hagedorn: Da fehlt uns wahrscheinlich allen die Fantasie, wie es weitergehen kann. Man kann sich vorstellen, wie verzweifelt die Lage für diese Menschen ist. Und wir können immer nur beistehen. Wir können kleine Hilfsangebote machen. Beispielsweise haben wir Menschen in katholischen Tagungshäusern untergebracht, die einfach nichts mehr hatten, die kein Bett, keine Wohnung, kein Haus mehr hatten.
DOMRADIO.DE: Welche Hilfsangebote gibt es und wie kommen Sie an die Leute?
Hagedorn: Seit Mitte letzter Woche sind alle katholischen Verbände im Erzbistum Köln dabei, Beratungen anzubieten, sich dafür aufzustellen und auch Auszahlungen von Soforthilfen und Haushaltsbeihilfen auszuteilen und auszugeben. Und das funktioniert, soweit ich das gehört habe. Wir sind jetzt gut eine Woche dabei, den Menschen Geld in die Hand zu geben, damit sie die ersten Einrichtungsgegenstände kaufen können, das funktioniert ganz gut. Und gleichzeitig sind die Beratungsstellen ja immer schon für die Menschen dagewesen. Da geht es nicht nur um Geldausgabe, sondern es geht auch darum, den Menschen zuzuhören, Mut zuzusprechen. Das ist, wie gesagt, eine ganz wichtige Aufgabe.
DOMRADIO.DE: Eine Dame bei uns bei DOMRADIO.DE hat nach den Soforthilfen für den Kreis Ahrweiler gefragt, da wohl das Geld von Kreis und Land nicht mehr zur Verfügung steht. Inwieweit kann zum Beispiel diese Dame an so eine Soforthilfe kommen, wenn sie sagt: Ich weiß jetzt gar nicht, wer mein Ansprechpartner ist?
Hagedorn: Ahrweiler ist im Bistum Trier und da verweisen wir auf die Nothilfen, die im Bistum Trier ausgezahlt werden. Jedes Bistum oder jeder Diözesan-Caritasverband hat Mittel zur Verfügung aus der Spendenaktion "NRW hilft" und von Caritas International. Und diese Mittel, es gibt ja reichlich Spendenaufkommen, werden jetzt an die Betroffenen verteilt, im Erzbistum Köln genauso wie im Bistum Trier.
DOMRADIO.DE: Wer ist alles mit im Boot? Und wer kann sich noch engagieren, wenn er sagt: Ich möchte da mithelfen?
Hagedorn: Alle können sich engagieren. Dafür gibt es im Internet gute Kontaktadressen von Helfergruppen, die sehr gut koordinierend wirken, an die man sich anschließen kann. Es gibt viele Gruppen aus dem Erzbistum, die eben nicht betroffen sind: aus Remscheid, aus Köln, aus Neuss, die in den Hochwassergebieten Einsätze fahren. Da kann man sich jederzeit anschließen.
DOMRADIO.DE: Welche Hilfe ist denn am nötigsten?
Hagedorn: Das wechselt ja. Wir haben ja selber so eine Förderung von Nachbarschaftshilfe, also Gemeinschaftswerke, von denen Gruppen in die Flutgebiete gefahren sind, die sind von uns am Anfang finanziell unterstützt worden, mit Materialien, mit Schaufeln, mit Schubkarren und so weiter. Und jetzt geht es darum, eben Bohrhämmer zum Runterschlagen des Putzes anzuschaffen und Bautrockner zu organisieren. Das ist ja gar nicht so einfach, denn viele Häuser brauchen Bautrockner und da sind unsere Kirchengemeinden und die Initiativen sehr sehr rührig dabei, auch aus anderen Gegenden solche Geräte herbeizuschaffen. Und wir können das auch aus Bistumsmitteln fördern.
DOMRADIO.DE: Werden auch Handwerker gesucht?
Hagedorn: Ja und es sind ja ganz viele Handwerker ehrenamtlich unterwegs, die da helfen. Ich kenne selber eine Gruppe von pensionierten Handwerkern aus Remscheid, sie sind jeden Tag nahezu 24 Stunden im Flutkatastrophengebiet im Einsatz.
DOMRADIO.DE: Sind Sie zufrieden damit, was Sie in den ersten vier Wochen nach dieser Katastrophe schon erreicht haben?
Hagedorn: Das ist schwierig zu sagen. Also ich glaube, wir haben uns sehr schnell und sehr gut aufgestellt, die Caritasverbände und die katholischen Fachverbände. Die tun das, was notwendig und möglich ist. Zum Teil sind sie ja selbst mit den Geschäftsstellen abgesoffen. Und ich glaube, wir sind als Kirche da auch in unserem guten Netzwerk vor Ort und leisten Hilfe, soweit wir das können. Ob das ausreicht, wage ich zu bezweifeln.
DOMRADIO.DE: Wenn jetzt jemand sagt: Ich habe da noch eine Idee, an wen wendet er sich?
Hagedorn: Der kann bei uns anrufen. Wir haben so eine kleine Hotline. Die kann man auf der Bistumsseite der "Aktion Neue Nachbarn" finden. Rufen Sie einfach an. Wir können nicht bei allem selbst direkt helfen. Aber wir vermitteln gerne.
Das Interview führte Dagmar Peters.