Dennoch sei in diesem Jahr nichts wie vorher: Rund 300 Mitwirkende seien nach 2020 ausgestiegen, weil sie sich nicht noch einen Sommer hätten von der Arbeit freinehmen können. Auch wisse man nicht, wie viele Besucher letztlich kommen und welche Auswirkungen der Ukraine-Krieg oder die Corona-Pandemie noch haben werden. Corona-Einschränkungen gibt es aktuell keine: Die 4.200 Zuschauer, die pro Vorstellung ins Theater dürfen, brauchen weder Masken noch Tests oder Impfnachweis.
Geschäftsführer Walter Rutz sagte, dass rund drei Viertel der insgesamt 450.000 Karten verkauft seien. Das Interesse im deutschen Markt sei deutlich spürbar, auch die Nachfrage aus Übersee sei ungebrochen. Zu den Hauptmärkten zählten weiterhin die USA, wohin rund ein Drittel der bereits verkauften Tickets gegangen sei, sowie Großbritannien und Skandinavien.
Auch die Passionsspiele haben sich verändert
Die Oberammergauer Passionsspiele gehen auf ein Pestgelübde von 1633 zurück. Nachdem sie 2020 wegen der Corona-Pandemie verschoben wurden, sei er immer wieder gefragt worden, ob man nicht ein neues Gelübde ablegen sollte, sagte Stückl. Er habe darüber immer lachen müssen, denn heute habe man ein völlig anderes Gottesbild als vor 400 Jahren. Niemand könne sich heute einen zornigen alten Mann mit einem weißen Bart vorstellen, der auf seinem Thron im Himmel sitze und sich Krankheiten, Kriege und Hungersnöte als Strafe für die "sündige Menschheit" ausdenkt.
Und dennoch halte Oberammergau an seiner Tradition fest, sagte Stückl. Das gehe aber nur, wenn man die Geschichte immer wieder hinterfrage, denn die Passionsspiele hätten über die Jahrhunderte Regeln hervorgebracht, die heute nicht mehr tragfähig seien.
Inzwischen spielten auch Oberammergauer mit, die aus der Kirche ausgetreten sind oder evangelisch oder muslimisch seien. Auch Frauen hätten inzwischen die gleichen Rechte wie Männer, sagte Stückl. Vor 1990, als Stückl erstmals die Spiele geleitet hatte, sei das noch keine Selbstverständlichkeit gewesen.