domradio.de: An diesem Montag beginnt die Gebetswoche unter der Überschrift: "Berufen, die großen Taten des Herrn zu verkünden" (vgl. 1 Petrus 2,9). Im Grunde sollen wir alle gemeinsam die frohe Botschaft verkünden, kann man das so sagen?
Pfarrer Marc Witzenbacher (Referent der Evangelischen Kirche in Deutschland in der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in Deutschland): Das kann man so sagen, das ist ja ein Anliegen, das uns auch als Christen alle miteinander verbindet. Ich erinnere zum Beispiel auch an das apostolische Schreiben von Papst Franziskus Evangelii Gaudium, worin er die Christen dazu aufruft, gemeinsam Zeugnis abzugeben von den großen Taten des Herrn. Das gemeinsame Zeugnis ist das Ziel unserer Einheit und deswegen müssen wir daran auch arbeiten.
domradio.de: Für die Einheit zu beten ist das eine - Veranstaltungen in dieser Woche sind das andere. In der Regel bieten die Pfarreien Angebote an?
Pfarrer Witzenbacher: Genau, es ist eine weltweit durchgeführte Gebetswoche. In jedem Jahr werden die Texte von einem bestimmten Land vorbereitet. Das ist in diesem Jahr Lettland und die Texte werden auf der ganzen Welt verbreitet. Es gibt eine festgelegte Liturgie, die dann von dieser Arbeitsgruppe des jeweiligen Landes vorbereitet worden ist und landauf, landab in Deutschland, aber im Grunde genommen auch in der ganzen Welt wird im Laufe dieser Woche diese Liturgie miteinander gefeiert und es gibt auch Tagesandachten, um diese Woche auch entsprechend als Woche zu gestalten.
domradio.de: Für Sie ist das nächste Jahr natürlich wichtig, das Jahr des Reformationsjubiläums. Die evangelischen Christen feiern die Abspaltung von den Katholiken. Das ist doch eigentlich kontraproduktiv für eine Einheit, oder?
Pfarrer Witzenbacher: So mag es ja den Anschein haben. Das Stichwort "Reformationsjubiläum" ist durchaus ein schwieriger Begriff, deswegen redet man ja gerne davon, dass wir im nächsten Jahr gemeinsam ein Christusfest feiern möchten. Die evangelische Kirche, aber gerade auch alle, die an einem Reformationsgedenken beteiligt sind, wollen nicht ein Feiern der Spaltung vorantreiben, sondern im Gegenteil genau die Finger in diese Wunde legen. Papst Franziskus hat beispielsweise ja auch im letzten Jahr bei dem Rahmen der Gebetswoche davon gesprochen, dass es ein Ärgernis ist, dass die Christen geteilt sind. Deswegen kann ein Reformationsgedenken immer nur uns dazu aufrufen, diese Spaltung zu überwinden und an der Einheit zu arbeiten.
domradio.de: Jetzt haben Sie schon zweimal unseren Papst erwähnt, können Sie von ihm viele Impulse erkennen, dass er die Ökumene oder die Wiedervereinigung vorantreiben möchte?
Pfarrer Witzenbacher: Auf jeden Fall. Ich denke, es ist ein ganz wichtiges Anliegen von ihm, genauso wie auch von seinem Vorgänger an der Ökumene zu arbeiten und zwar denke ich da an die letzte Gebetswoche im vergangenen Jahr. Der Papst feiert ja immer eine ökumenische Vesper im Rahmen der Gebetswoche mit verschiedenen Konfession und jedes Jahr wird ganz klar deutlich, dass es ein zentrales Anliegen nicht nur des Papstes, sondern der ganzen katholischen Kirche und aller Christen ist, die Einheit in den Vordergrund zu stellen und immer danach zu suchen, was wir schon gemeinsam tun können und an dem, was wir nicht gemeinsam tun können, zu arbeiten und weiterzukommen. Uns verbindet der gemeinsame Glaube an Jesus Christus, das ist das Entscheidende – über alles andere können wir reden und da kommen wir auch weiter.
Das Interview führte Tobias Fricke.