DOMRADIO.DE: Sie haben Ihre Kirche in Netphen geöffnet und Sie haben aus Ihrer Kirche eine offene Lichterkirche gemacht. Was genau ist das?
Alexander Weber (Vorsitzender des katholischen Kirchenvereins St. Matthias): Sie können diese offene Kirche täglich zwischen 10 und 18 Uhr betreten. Die Tür ist offen. Es ist niemand da und es brennt ein bisschen Licht. Unsere Kirche ist übrigens eine sehr dunkle Kirche, also ganz dezente Beleuchtung. Das spielt insofern eine Rolle, weil das Thema Lichterkirche da eine ganz andere Wirkung hat.
Sie finden dann direkt im Eingangsbereich, kurz neben den Bänken einen Metallständer mit einem Bildschirm, ein Touchscreen und dann werden Sie gleich gefragt, ob Sie sich erst eine Begrüßung anhören oder direkt in Themen einsteigen wollen.
DOMRADIO.DE: Es gibt verschiedene Andachten, die man dann, je nach Stimmungslage, in Freude oder in Trauer per Knopfdruck auswählen kann. Das heißt, man guckt, wie fühle ich mich gerade und welche Andacht passt oder wie ist das gedacht?
Weber: Ja, genau das ist das Ziel. Es kommen vielleicht mal Menschen spontan vorbei. Wir liegen in einem Ortsteil von Netphen in Deuz. Dort gibt es in unmittelbare Nachbarschaft ein Bestattungenwald, und dann kommen viele Menschen vorbei, die dann einen Moment innehalten wollen.
Häufig gibt es auch Bestattungen ohne Gottesdienste, ohne Priester. Und dann bietet es sich an, in die Kirche zu gehen. Das sind die spontanen Besucher. Aber wir stellen fest, nachdem wir das jetzt drei Jahre machen, immer mehr Menschen kommen auch regelmäßig
DOMRADIO.DE: Das Ganze läuft unter dem großen Stichwort Zukunftskirche. Im Erzbistum Paderborn wird das bis zu 90 Prozent finanziell gefördert. Wie sind denn die Reaktionen bisher?
Weber: Die sind natürlich alle, muss ich sagen, von Begeisterung geprägt. Anfänglich war hier und da die Erwartung bei den Zuständigen, wir machen das mal und das läuft sich tot. Das ganze Gegenteil ist der Fall.
DOMRADIO.DE: Beschwichtigt das auch mögliche Kritiker, die vielleicht sagen, das ersetzt doch keinen Gottesdienst? Oder auch dieses Thema mit Diebstahl und Vandalismus?
Weber: Letzteres gar nicht. Das ist überhaupt kein Thema. Es waren natürlich die großen Bedenken. Kirche öffnen geht ja gar nicht, keine Aufsicht, niemand da. Aber bisher ist nichts vorgekommen.
DOMRADIO.DE: Beschreiben Sie uns mal, wie das ist, wenn man dann da alleine sitzt, das Licht und das, was über die Lautsprecher kommt, auf sich wirken lässt.
Weber: Wenn ich das beobachte, wird oft die Meditation "Kraft schöpfen" gewählt. Sie werden begrüßt. Sie bekommen eine kurze Einladung: "Nehmen Sie doch Platz in einer der Kirchenbänke. Setzen Sie sich da hin."
Dann geht es zunächst los mit leiser, stimmungsvoller Musik. Damit beginnt auch die Beleuchtung in der Kirche. Das sind LED-Leisten und -Strahler, die bei uns die Kirchenrückwand beleuchtet. Da hängt ein großes Holzkreuz dran. Diese Rückwand ist ein sehr grobes Ziegelmauerwerk.
Da hieß es früher immer: "Fürchterlich, diese nüchterne kalte Wand". Heute sagen die gleichen Menschen: "Diese Unruhe. Diese Struktur in diesem Mauerwerk. Das ist ja wie mein Leben".
Das Interview führte Verena Tröster.