Aaron Knappstein, Mitglied der Liberalen Jüdischen Gemeinde Köln, spricht im Interview darüber, wie gefährlich Antisemitismus in seinen Augen ist.
DOMRADIO.DE: Was war Ihre Reaktion auf diese Attacke gegen den jungen Kölner?
Aaron Knappstein (Mitglied der Liberalen Jüdischen Gemeinde Köln und Präsident der jüdischen Karnevalsgesellschaft "Kölsche Kippa Köpp"): Man muss ja leider sagen, dass wir uns an einer anderen Stelle schon an solche Informationen oder Nachrichten gewöhnt haben. Aber wenn es dann in der eigenen Stadt passiert, ist man nochmal besonders erschreckt und traurig, wütend. Also es sind sehr viele Emotionen, die da relativ schnell hintereinander auf einen einbrechen.
DOMRADIO.DE: Köln gilt als weltoffene Stadt. Oberbürgermeisterin Henriette Reker hat gesagt, solche Übergriffe werde man nicht dulden. Aber wie kann man sie wirksam bekämpfen? Durch harte Strafen für die Täter?
Knappstein: Das ist eine gute Frage. Ich glaube, da machen sich sehr viele Leute Gedanken drüber. Ich glaube, dass es ganz wichtig ist, dass die Täter hart bestraft werden. Egal, aus welchem Spektrum sie übrigens kommen, das ist ja auch immer so eine Sache, die dann ganz schnell diskutiert wird. Ich bin schon sehr dafür und ich glaube auch, dass das sehr, sehr wichtig ist. Es ist ein Zeichen. Ich weiß nicht, ob das Leute abschreckt, aber es ist eben auch ein Zeichen in die Gesellschaft rein, dass das einfach nicht geduldet wird.
Natürlich muss man sich darüber Gedanken machen: Wo kommt das her und was ist passiert, dass es so weit kommen konnte. Aber ganz ehrlich, ich weiß in der Regel als Mensch, dass ich niemand anderen schlagen darf, dass ich niemand anderen beleidigen darf. Und wenn man diese Grenzen überschreitet, diese sogenannten roten Linien, die immer so hinauf beschworen werden, dann muss man auch die Konsequenzen dafür tragen.
DOMRADIO.DE: Nehmen antisemitische Übergriffe und Attacken in Deutschland zu?
Knappstein: Auf jeden Fall. Es ist definitiv so, dass wir das an vielen Stellen sehen und dass ja auch in Köln eine entsprechende Stelle im Rahmen des NS-Dokumentationszentrums eingerichtet wurde.
DOMRADIO.DE: Ihre Karnevalsgesellschaft trägt die Kopfbedeckung sogar im Namen: Kölsche Kippa Köpp Sie werden jetzt aber vermutlich nicht sagen, Juden dürften ihre Herkunft nicht mehr öffentlich zeigen, um sich dann sicher in einer Stadt wie Köln bewegen zu können, oder?
Knappstein: Nein, das würde ich auf gar keinen Fall sagen. Das wäre auch schrecklich, wenn ich das tun würde. Aber ich kann verstehen, wenn sich Menschen darüber Gedanken machen, sich öffentlich damit zu zeigen und eventuell eher eine Baseballkappe oder so tragen. Allein die Tatsache, dass man sich darüber Gedanken machen muss, ist erschreckend genug.
Das Interview führte Tobias Fricke.